Umfrage-Ergebnis vorgestellt

Sozialverband VdK warnt vor düsterer Pflegezukunft

Dieser Befund alarmiert: Mehr als ein Drittel der Bundesbürger, die Angehörige zu Hause pflegen, fühlt sich überfordert. Die Politik müsse die Nöte endlich ernst nehmen, mahnt VdK-Präsidentin Verena Bentele.

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Der Sozialverband VdK warnt vor einer düsteren Zukunft der häuslichen Pflege in Deutschland.

Der Sozialverband VdK warnt vor einer düsteren Zukunft der häuslichen Pflege in Deutschland.

© Bernd Thissen/dpa

Berlin. Der Sozialverband VdK hat einen stärkeren Fokus der Gesundheitspolitik auf die Belange pflegender Angehöriger gefordert.

„Viel zu wenig wird gesprochen über die Probleme und Hindernisse, die Pflegebedürftige und pflegende Angehörige haben, weil das Ganze hinter geschlossenen Türen stattfindet“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele bei der Vorstellung einer neuen Studie im Auftrag des Verbands am Montag. Erstellt wurde die Untersuchung von der Hochschule Osnabrück.

Im Rahmen der Online-Umfrage unter 56.000 Bundesbürgern wurden auch 27.000 pflegende Angehörige sowie 5600 pflegebedürftige Menschen befragt. 63 Prozent der zumeist älteren Angehörigen geben demnach an, täglich körperliche Beschwerden zu haben. Mehr als ein Drittel berichtet, die Pflege sei für sie nur noch unter Schwierigkeiten oder eigentlich gar nicht mehr zu bewältigen.

„24 Stunden an sieben Tagen in der Woche“

Häusliche Pflege sei eben nicht bloß „ein Ort“, sondern eine Aufgabe für „24 Stunden an sieben Tagen in der Woche“, machte Bentele deutlich. Aus der Umfrage gehe hervor, dass sich pflegende Angehörige aus Gründen der Nächstenliebe dafür entschieden, den Ehepartner, das Kind oder einen Bekannten zu pflegen. Dennoch fühlten sich viele ausgebrannt und erschöpft. „Die häusliche Pflege ist am Limit.“

Der Politik warf die VdK-Präsidentin vor, die informelle Pflege in den vergangenen Jahren „wie ein Stiefkind“ behandelt zu haben. „Wird dieser Kurs fortgesetzt, gehen wir einer düsteren Pflegezukunft entgegen.“

Pflegeantrags-Bürokratie schnell beenden!

In Richtung Ampel-Koalition schickte Bentele den Appell, Angebote für pflegende Angehörige auf den Weg zu bringen, „die auch wirklich zur Verfügung steht, zu ihren Bedürfnissen passt und sie unbürokratisch erreicht“. Denn obwohl ein Großteil der Befragten sich mehr von Entlastungsangeboten wie etwa Tages-, Nacht- oder Kurzzeitpflege wünsche, würden bis zu 90 Prozent der Leistungen gar nicht in Anspruch genommen.

Die Gründe seien unterschiedlich, führte Bentele aus: Zum einen hätten Pflegeanbieter nicht genügend Kapazitäten, um die Nachfrage zu bedienen. Zum anderen fürchteten viele Angehörige hohe Zuzahlungen bei den Leistungen. Jeder Fünfte fühle sich zudem vom Antragsverfahren und der Dauer des Prozederes etwa bei der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege „abgeschreckt“, sagte Bentele.

Außer einer „Reform der Unterstützungsleistungen“ müsse die Politik auch einen Anspruch auf einen Tagespflegeplatz schaffen – vergleichbar dem Anspruch auf einen Kindergartenplatz.

Linksfraktion: Angehörige als Lückenbüßer

Laut Koalitionsvertrag der Ampel sollen Leistungen wie Kurzzeit- und Verhinderungspflege in einem „unbürokratischen, transparenten und flexiblen Entlastungsbudget mit Nachweispflicht“ zusammengeführt werden.

Zudem soll das Pflegegeld ab 2022 regelhaft dynamisiert werden. Auch eine Lohnersatzleistung im Falle pflegebedingter Auszeiten ist geplant. Gesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) hatte das Vorhaben bei seiner jüngst vorgestellten Reformagenda für die kommenden Monate nicht aufgezählt.

Aus der Opposition kam prompt der Ruf, beim Thema Angehörigenpflege Tempo zu machen. „Die Bundesregierung ist in der Pflicht, pflegende Angehörige endlich bestmöglich zu beraten und zu entlasten, statt sie weiterhin für die Lücken im Pflegesystem zahlen zu lassen – finanziell, körperlich und emotional“, sagte der Sprecher für Krankenhaus- und Pflegepolitik der Linksfraktion im Bundestag, Ates Gürpinar. (hom)

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