Kassenfinanzen

Spahn will GKV-Steuerzuschuss erst nach der Wahl festlegen

Gesundheitsminister Jens Spahn will den Steuerzuschuss für die Krankenkassen erst nach den Wahlen festzurren, melden Kassenverbände. Die fordern insgesamt gut 28 Milliarden Euro für 2022.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht: | aktualisiert:
Der Steuerzuschuss für die GKV im Jahr 2022 soll erst nach der Bundestagswahl festgelegt werden. Offenbar soll erst die Prognose des Schätzerkreises zur Finanzentwicklung in der GKV abgewartet werden, die in der Regel Mitte Oktober vorliegt.

Der Steuerzuschuss für die GKV im Jahr 2022 soll erst nach der Bundestagswahl festgelegt werden. Offenbar soll erst die Prognose des Schätzerkreises zur Finanzentwicklung in der GKV abgewartet werden, die in der Regel Mitte Oktober vorliegt.

© Wolfilser / stock.adobe.com

Berlin. Die gesetzlichen Krankenkassen warnen vor einem Finanzloch von sieben Milliarden Euro im kommenden Jahr. Im Augenblick sei „völlig offen, wie und wann tatsächlich die zur Stabilisierung der GKV notwendigen Entscheidungen getroffen werden“, hat der GKV-Spitzenverband am Mittwochabend nach einem Gespräch mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mitgeteilt.

Dabei hatte Spahn nach Angaben des Verbandes mitgeteilt, dass die notwendigen Entscheidungen erst Mitte Oktober getroffen würden, mithin also nach den Bundestagswahlen. Das ist der Termin, bis zu dem der Schätzerkreis beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) alljährlich seine Prognose abgibt, wie sich die Einnahmen von Kassen und Gesundheitsfonds sowie die Ausgaben der Kassen im Folgejahr entwickeln werden. Für die Aufsichtsratsvorsitzenden des AOK-Bundesverbands zu spät: Bereits Ende Oktober müssten die Haushaltspläne der Kassen stehen, hieß es am Donnerstag beim AOK-Bundesverband. „Herr Spahn entzieht sich der notwendigen Entscheidung“, stellten dessen Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Volker Hansen und Knut Lambertin fest und warnten: „Der weitere Prozess vor und nach der Bundestagswahl ist nun voller politischer Unwägbarkeiten.“ Sie wiesen darauf hin, dass der Zuschuss voraussichtlich erst mit der Zustimmung des neuen Bundestages verbindlich werde.

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Zusatzbeitrag soll stabil bleiben

Immerhin habe Spahn zugesagt, den Zusatzbeitragssatz bei 1,3 Prozent stabil zu halten, heißt es beim GKV-Spitzenverband. Er habe zudem die dafür nötigen Steuermittel in Aussicht gestellt, um die Sozialgarantie der Regierung zu halten. Die besagt, dass die Summe der Beiträge zu den verschiedenen Sozialversicherungen 40 Prozent vom Brutto nicht überschreiten solle. Derzeit liegt sie 39,5 Prozent.

Für den Spitzenverband stellt diese Terminierung einen Bruch bisheriger politischer Zusagen dar. Nur damit sei eine verlässliche Planung für das kommende Jahr möglich, heißt es in der Mitteilung. Enttäuscht zeigten sich Vertreter der Innungskrankenkassen. Das von Spahn vorgeschlagene Verfahren, die Höhe des Bundeszuschusses erst nach der Bundestagswahl festzulegen, lasse die GKV im Ungewissen, hieß es dort. Man werde sich zu den Vorwürfen der Kassenseite nicht äußern, hieß es dazu auf Anfrage im Gesundheitsministerium.

„Konkrete und verlässliche Finanzierungszusagen wären wichtig“, sagte IKK-Vorsitzender Hans Peter Wollseifer am Mittwoch nach den Gesprächen. Die Finanzverantwortung für die vielen gesamtgesellschaftlichen Aufgaben könne nicht alleine von der GKV getragen werden, ergänzte Hans-Jürgen Müller, ebenfalls IKK-Vorsitzender. Bund, Länder und Kommunen müssten an diesen Stellen wieder zurück in die Verantwortung.

Teure Gesetzgebung

Im Mai war der Steuerzuschuss für die Kassen bereits um sieben Milliarden auf 21,5 Milliarden Euro angehoben worden. Die Kassen taxieren ihren Bedarf allerdings deutlich höher. Gründe sind die Gesetze, die nun finanzwirksam werden. Dazu zählt auch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG).

Bereits im Juni hatte DAK-Chef Andreas Storm vor einem Rekorddefizit von bis zu 35 Milliarden Euro im Jahr 2025 gewarnt. Hintergrund sind Berechnungen das Berliner IGES-Instituts zur Entwicklung der versicherungsfremden Leistungen, also zum Beispiel der beitragsfreien Familienmitversicherung und des Erziehungs- und Mutterschaftsgelds.

Auch kostendeckende Zuschüsse zur Finanzierung der Gesundheitsversorgung von ALG-II-Empfängern gehören zum Forderungskatalog der Kassenseite.

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