Ex-AOK-Chef

Weg mit den Zwergkassen!

Zentrenbildung bei Kliniken fordern, aber mit Zwergkassen arbeiten? Der frühere AOK-Chef Wilfried Jacobs plädiert für eine Konsolidierung bei Kassen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Gibt es immer noch zu viele Kassen für GKV-Patienten?

Gibt es immer noch zu viele Kassen für GKV-Patienten?

© Robert Schlesinger / dpa

MÖNCHENGLADBACH. Ein ehemaliger Kassenchef plädiert dafür, die Zahl der Krankenkassen in Deutschland deutlich zu reduzieren. "Die Mindestgröße für Krankenkassen sollte bei 100.000 Mitgliedern liegen oder mehr", sagte Wilfried Jacobs, Geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für patientenorientierte Versorgungsablaufforschung (IPOV) und ehemaliger Vorstandsvorsitzender der nicht gerade kleinen AOK Rheinland/Hamburg.

"Wir fordern die Zentrenbildung bei Krankenhäusern, sind aber an manchen Stellen so klein, dass wir kaum atmen können", nahm Jacobs noch einmal die Kassenperspektive ein. Ein zentrales Problem im Gesundheitswesen sieht er darin, dass viele Akteure es zu einem ökonomischen und bürokratischen System gemacht hätten – nicht zuletzt auch die Krankenkassen. "Wir müssen einen Boxenstopp machen und wieder zurückkehren zu den berechtigten Wünschen der Patienten", forderte er.

Standard: Zweibettzimmer

Dazu gehört nach seiner Erfahrung eine bessere Unterbringung im Krankenhaus. Drei- oder gar Vierbettzimmer müssten abgeschafft werden. "Standard im Krankenhaus muss mindestens das Zweibettzimmer sein." Angesichts der immer wieder beklagten Bettenüberkapazitäten in Deutschland sollte eine solche Umwandlung eigentlich kein Problem sein, findet Jacobs.

Wenn man die Sicht des Patienten im Gesundheitswesen einnimmt, gehört für ihn auch die Zusammenführung von Kranken- und Pflegeversicherung auf die Agenda, ebenso wie die Abschaffung der Budgets. "Budgets haben mit Krankenversorgung nicht viel zu tun."

Das 2012 gegründete IPOV hat sich auf die Auswertung von Erfahrungsberichten von Patienten mit den Abläufen im Gesundheitswesen konzentriert, und zwar mit Blick auf Krebs und Demenz. "Unser Ziel ist es, die Anregungen von Patienten weiterzugeben", erläuterte Jacobs.

Die Auswertung hat gezeigt: Bei Krebspatienten steht die schnelle und qualitätsgesicherte Diagnosestellung ganz oben bei den Erwartungen, gefolgt von einem guten, ausführlichen und verständlichen Erstgespräch über Therapie und Nachsorge sowie mit einer überzeugenden Begründung für das zur Operation vorgeschlagene Krankenhaus. Auch die Möglichkeit der Zweitmeinung ist den Patienten wichtig – "als Angebot, nicht als vom Arzt ungeliebter Patientenwunsch".

Das IPOV wird Ende 2018/Anfang 2019 seine Tätigkeit einstellen. "Die Finanzierung ist nicht ganz einfach", berichtete Jacobs.

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