Kommentar zum Gesundheitssystem

Wer soll steuern?

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen erklärt: „Wir wollen Patienten nicht bestrafen, sondern verantwortungsvolles Handeln belohnen.“

Wolfgang van den BerghVon Wolfgang van den Bergh Veröffentlicht:

Es sollte eigentlich Teil eines Gesamtkonzeptes sein, wie künftig die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen in einer Gesellschaft des längeren Lebens besser organisiert werden kann. Stattdessen erleben wir in den vergangenen Tagen eine Diskussion, die sich stärker an Verboten und Regeln orientiert als an Einsicht, Vernunft und Anreizen.

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen hat mit seinen Äußerungen einen Nerv getroffen, der seit Jahren blank liegt. Richtig, es geht um Steuerung und um das Hinterfragen, warum Patienten in Deutschland deutlich häufiger zum Arzt gehen als in anderen Ländern Europas. Der Vorschlag der KBV für Kassen-Wahltarife ist nicht neu, sondern steht bereits in deren Konzeptskizze aus dem Mai 2016.

Darin setzt die KBV auf Wahltarife, sie findet die Hausarztzentrierte Versorgung mittlerweile gar nicht so schlecht und könnte sich sogar ein Primärarztsystem vorstellen. Damit stellt sie nicht den Leistungskatalog der GKV zur Disposition, sondern beteiligt sich an der Suche nach einer besseren Steuerung. Damit ist der Ideenwettbewerb eröffnet.

Die Klarstellung der KBV von Montag war hilfreich. Es ist an der Zeit, verbal abzurüsten und Antworten auf unangenehme Fragen zu finden, ob Hausärzte primär die Patientensteuerung übernehmen sollen.

Lesen Sie dazu auch: Patientensteuerung: Sanktionen und Wahltarif für GKV-Patienten?

Debatte um Flatrate-Mentalität: KBV: Wir wollen Patienten nicht bestrafen

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 10.09.201911:49 Uhr

Gesundheits- und Krankheits-Wesen: Zwischen Solidarität und Selbstverantwortung!

Wir brauchen endlich ein für Laien und Profis, für Ärztinnen und Ärzte bzw. für Patientinnen und Patienten verständliches, strukturiertes Konzept mit pädagogisch fundiert erklärten, abgestuften Versorgungsebenen bei Gesundheitsbildung und Krankheitsbewältigungs:

1. Entwicklung von bereits im Schulalter zu implementierendem, präformiertem medizinischen Laienwissen um Gesundheit und Krankheit

2. Steuerung/Lotsenfunktion/Koordination durch Haus-/Familienärzte/Gynäkologen/Kinderärzte als "Primärärzte"

3. allgemeinärztlich-internistisch-pädiatrische-gynäkologische Grundversorgung

4. fachärztliche, spezialmedizinische, ambulante Fachversorgung

5. leitlinienadäquate ambulante bis stationäre, erweiterte Stufendiagnostik

6. Therapie-, Versorgung-, Beschwerde-, Situations- und Krankheits-adaptierte, abgestufte Behandlungen vom Kreiskrankenhaus bis zur Uniklinik, ggf. mit AHB und REHA.

Weg müssen wir von totalen Gesundheits- statt angemessenen Krankheits-Begrifflichkeiten und dem Versuch, alle bio-psycho-sozialen Probleme gesundbeten zu wollen. Krankheit, Schmerz, Leid, psychische/körperliche Einschränkungen, Siechtum und körperliche/psychische Beschädigungen als integral-vitale, schwierige und zugleich bereichernde Lebensäußerungen zu begreifen. Unsere Patientinnen und Patienten dort abholen, wo sie gerade stehen: Bei Schwangerschaft, Geburt, Kindheit, Jugend, Adoleszenz, Erwachsensein, Alterung, Leben, Vergänglichkeit und Tod!

Im Gegensatz zu vielen "Gesundheits"-Theoretikern, -Politikern, -Funktionären und -Amtsträgern ohne Praxiserfahrung mit ratsuchenden und/oder kranken Menschen arbeiten meine Kolleginnen, Kollegen und ich mit Fingerspitzengefühl, emotionaler, sozialmedizinischer, psychologischer und praktischer Intelligenz in der hausärztlich-familienmedizinischen Praxis. Täglich müssen wir eine Balance von Solidarität, Selbstverantwortung und Subsidiarität in der Krankenversorgung herstellen: O h n e dass sozial Schwache, Kranke, Alte, Junge, Kinder, Erwachsene, Reiche, Arme, Kluge und weniger Kluge ausgegrenzt, diskriminiert und im Krankheitsfall in Existenzangst oder würdeloses Sterben getrieben werden!

Mf + kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund (z.Zt. Ramatuelle/F)

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