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Zu wenige Rheumatologen: Das sollte die Politik tun
Bei der Versorgung von Rheumapatienten fehlt es schlicht an Rheumatologen, so das Bündnis für Rheumatologie. Welche Maßnahmen die neue Regierung ergreifen sollte, hat das Bündnis in einem Forderungskatalog zusammengefasst.
Veröffentlicht:Berlin. Rheumapatienten haben oft schon einen langen Leidensweg hinter sich, bis die Erkrankung diagnostiziert wird. In Deutschland, rechnet das Bündnis für Rheumatologie vor, leben etwa 1,5 Millionen Erwachsene und 40.000 Minderjährige mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen. Kämen muskuloskelettale Erkrankungen hinzu, addiere sich die Gesamtzahl Betroffener auf über 18 Millionen. Diese benötigten eine lebenslange Betreuung durch Rheumatologen.
Allerdings gebe es davon in Deutschland viel zu wenig. Im Bündnis für Rheumatologie haben sich die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), der Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) und der Verband Rheumatologischer Akutkliniken (VRA) zusammengeschlossen.
2100 für adäquate Versorgung
Derzeit gebe es knapp 700 niedergelassene internistische Rheumatologen. Um allen Patienten zumindest eine Minimalversorgung zukommen zu lassen, seien aber mindestens 1350 Rheumatologen nötig. Das hätten Berechnungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) ergeben. Sollte jedoch eine adäquate medizinische Versorgung etabliert werden, müssten sogar 2100 Rheumatologen zur Verfügung stehen.
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Aber wie können mehr Rheumatologen ins System kommen? An der Bedarfsplanung liegt es nicht, meint das Bündnis. Denn nach Änderung der Bedarfsplanungsrichtlinie 2019 seien freie Vertragsarztsitze für internistische Rheumatologen entstanden. Es gebe nur schlicht nicht genügend ausgebildete Rheumatologen, die die Sitze übernehmen könnten.
- Förderung gesetzlich verankern: Damit mehr Rheumatologen ausgebildet werden, fordert das Bündnis die rheumatologische Weiterbildung in Praxen und medizinischen Versorgungszentren, die in unterversorgten Gebieten liegen, zu fördern. Vorbild könnte die allgemeinmedizinische Weiterbildung sein, deren Förderung vom Gesetzgeber im Paragrafen 75a SGB V verankert ist. In diesen Paragrafen, findet das Bündnis, sollte auch die rheumatologische Weiterbildung Eingang finden. Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen würden dann über den Gesetzgeber verpflichtet, die rheumatologische Weiterbildung gemeinsam finanziell zu unterstützen.
- Am Versorgungsbedarf orientieren: Auch in Kliniken müsse etwas geschehen. Denn die DRG hätten dazu geführt, dass in Kliniken umsatz- und gewinnstärkere Abteilungen und Leistungen in den Fokus gerückt seien. Die akutstationäre Rheumatologie, die mehr durch Personalintensität geprägt sei und weniger durch hoch bezahlte apparative Leistungen, habe im Lauf der Zeit mehr und mehr verloren. An den Gewinn gekoppelt sei auch die Zahl der Weiterbildungsstellen in den Kliniken. Hier könne die Rheumatologie nicht punkten. Grundsätzlich, so deshalb die weitere Forderung des Bündnisses, müsste die Anzahl der Weiterbildungsstellen am prognostizierten Versorgungsbedarf der Bevölkerung ausgerichtet werden.
- Forschung und Lehre ausbauen: Um den Mangel an Rheumatologen aufzuheben, müssten Lehre und Forschung ausgebaut werden. Dazu müssten an allen staatlichen Universitäten eigenständige rheumatologische Abteilungen eingerichtet werden. Außerdem müssten mehr Lehrstühle für Rheumatologie her. Derzeit verfügten nur zehn der 36 staatlichen Universitäten über einen eigenständigen Lehrstuhl für Rheumatologie. International konkurrenzfähige rheumatologische Forschung werde so behindert.
- Sperrfrist auf drei Jahre verlängern: Ein weiterer Knackpunkt: Einige rheumatologische Sitze seien über die Bedarfsplanung mit fester räumlicher Zuordnung ausgewiesen worden, die in einer Sperrfrist innerhalb eines Jahres besetzt werden müssten. Da es nicht genügend Rheumatologen gebe, mitunter auch die Flexibilität fehle, konnten diese Sitze nicht vergeben werden und fielen an weitere internistische Schwerpunkte. Damit diese Sitze für die rheumatologische Versorgung erhalten bleiben, fordert das Bündnis die Erweiterung der Sperrfrist von einem auf drei Jahre.
- Sonderbedarfszulassungen umwandeln: Einige Kassenärztliche Vereinigungen haben Sonderbedarfszulassungen für Rheumatologen erteilt, um Versorgungslücken zu schließen. Diese Sonderbedarfszulassungen würden aber regelmäßig überprüft und böten den Ärzten keine Planungssicherheit, kritisiert das Bündnis. Die Forderung: Angesichts der anhaltenden Unterversorgung in der Rheumatologie müssten einmalige Sonderbedarfszulassungen in reguläre Zulassungen umgewandelt werden.