Ergebnis des Schätzerkreises

Zusatzbeitrag wird 2024 auf durchschnittlich 1,7 Prozent steigen

Fachleute von Kassen und Regierung gehen in der GKV von einer Finanzierungslücke von 3,2 Milliarden Euro aus. Im Schnitt müssen Kassen ihren Zusatzbeitrag um 0,1 Punkte anheben.

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Die Finanzen in der GKV werden im kommenden Jahr auf Kante genäht sein. Eine Finanzlücke in Höhe von 3,2 Milliarden Euro muss durch höhere Zusatzbeiträge geschlossen werden.

Die Finanzen in der GKV werden im kommenden Jahr auf Kante genäht sein. Eine Finanzlücke in Höhe von 3,2 Milliarden Euro muss durch höhere Zusatzbeiträge geschlossen werden.

© imago/imagebroker/theissen

Berlin. Die durchschnittlichen Zusatzbeiträge werden im kommenden Jahr voraussichtlich um 0,1 Punkte auf durchschnittlich 1,7 Prozent steigen. Das geht aus der Prognose des Schätzerkreises hervor, die am Donnerstag veröffentlicht worden ist. Das Gremium mit Fachleuten aus dem zuständigen Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS), Bundesgesundheitsministerium und GKV-Spitzenverband nimmt alljährlich im Oktober eine finanzielle Vorausschau vor.

Für 2024 gehen die Experten von Einnahmen in Höhe von 283 Milliarden und Ausgaben von 314 Milliarden Euro aus. Die Differenz muss aus den kassenindividuellen Zusatzbeiträgen aufgebracht werden – dieser Durchschnittswert liegt in diesem Jahr bei 1,6 Prozent. Anfang November gibt das BMG den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz offiziell bekannt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist an das Votum des Schätzerkreises nicht gebunden, in der Regel folgt das Ministerium aber den Empfehlungen.

Finanzierungslücke in Höhe von 3,2 Milliarden Euro

Auf Basis des aktuellen Zusatzbeitrags würde sich im kommenden Jahr eine Finanzierungslücke von rund 3,2 Milliarden Euro ergeben. Damit liegt dieser Wert im unteren Bereich der Schätzungen dessen, was Experten noch zur Jahresmitte angenommen hatten: Die Annahmen über das zu erwartende Defizit rangierten von 3,5 bis 7 Milliarden Euro.

Möglich ist der Aufschlag um 0,1 Punkte aber auch nur, weil die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds um weitere 3,1 Milliarden Euro abgeschmolzen wird. Da der tatsächliche durchschnittliche Zusatzbeitrag der Kassen aktuell bei 1,51 Prozent liegt, werden etliche Kassen vermutlich gezwungen sein, ihren Mitgliedern weitergehende Erhöhungen anzukündigen – Kassen unter Aufsicht des BAS müssen ihre Haushalte spätestens bis Anfang Dezember der Behörde vorlegen.

Kassenvertreter nahmen die Schätzerkreis-Ergebnisse erneut zum Anlass, vom BMG Reformschritte zu fordern. „Die sich seit Jahren drehende Beitragserhöhungsspirale muss durchbrochen werden“, forderte Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands. Sie mahnte, steigende Zusatzbeiträge dürften keine Selbstverständlichkeit werden. Stattdessen solle der Bund finanziell für die gesamtgesellschaftlichen Aufgaben einstehen, die die Kassen zu stemmen haben – ein Beispiel seien kostendeckende Beiträge für die Bezieher von Bürgergeld (ehemals ALG 2).

Ausgabenschub durch Honorarabschlüsse

Jens Martin Hoyer, Vorstandsvize des AOK-Bundesverbands, sieht die GKV in zunehmend schwererem Fahrwasser: „Die Honorarabschlüsse bei den Ärzten sowie Ausgabenschübe im Krankenhaus- oder Arzneimittelbereich werden kräftig zu Buche schlagen.“ Er forderte, die Ampel-Koalition müsse „die lang angekündigten nachhaltigen Lösungen zur Stabilisierung der GKV-Finanzen angehen“.

Auch die Vorstandsvorsitzende des Ersatzkassenverbands, Ulrike Elsner, sieht die Regierung am Zug. Wenn diese nicht gesetzgeberisch liefere, „wird sich die Beitragssatzspirale weiter nach oben drehen“, vermutet Elsner.

Erschwerend kommt hinzu, dass die von der Koalition bereits auf den Weg gebrachten Kostendämpfungs-Schritte nicht so wirken wie erhofft. Ein Beispiel ist das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz: Mehrere Instrumente, die die Entwicklung der Arzneimittelausgaben dämpfen sollten, sind immer noch nicht umgesetzt worden.

Hinzu kommt aus Sicht des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa), dass „immer mehr Arzneimittel in Deutschland künftig wegen verschlechterter Erstattungsbedingungen nicht zur Verfügung stehen werden“, sagte vfa-Präsident Han Steutel der Ärzte Zeitung. Aktuell seien fünf neuzugelassene Arzneimittel nicht in Deutschland für die Patientenversorgung verfügbar. Auf Basis einer anonymen Befragung seiner Mitgliedsunternehmen geht der Verband davon aus, dass es innerhalb der kommenden zwei Jahre bis zu 30 Medikamente werden könnten. (fst)

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