Krankenhaus

Ärzte und Pfleger unter Stress

Alle Symptome deuten darauf hin: Viele Ärzte und Pfleger in den Krankenhäusern arbeiten am Limit. Die Patienten merken das und klagen über Ärzte, die zu wenig Zeit haben. Hat die große Koalition dafür die richtigen Rezepte?

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Viele Krankenhaus-Ärzte arbeiten am Limit.

Viele Krankenhaus-Ärzte arbeiten am Limit.

© Getty Images/Wavebreak Media

BERLIN. Die Hausärzte werden knapp. Das ist seit mindestens einer Legislaturperiode eine gesundheitspolitische Grundüberzeugung. Der Gesetzgeber hat der Selbstverwaltung von Ärzten und Kassen einen ordentlichen Instrumentenkasten bereitgestellt.

Tatsächlich brennt aber inzwischen die Hütte am anderen Ende der Krankenversorgung: in den Kliniken. Während die gesundheitspolitischen Frischlinge der Koalition an Plänen basteln, das medial hochgejazzte Phänomen überlanger Wartezeiten beim Facharzt durch einen Anspruch von Kassenpatienten auf ambulante Krankenhausbehandlung in den Griff zu bekommen, haben Bürger aus unmittelbarer Erfahrung nach stationären Aufenthalten einen ganz anderen Eindruck gewonnen.

49 Prozent sagen, die Ärzte haben schon jetzt zu wenig Zeit für den einzelnen Patienten, 40 Prozent sagen, das Pflegepersonal sei überfordert und überlastet, ein gutes Fünftel kritisiert den Massenbetrieb, in dem der Patient nur eine Nummer ist.

Mehrheit der Klinikärzte unzufrieden

Das sind Ergebnisse des MLP-Gesundheitsreports 2014, der in dieser Woche in Berlin vorgestellt wurde. Bezeichnend ist: Bürger, Patienten und Ärzte sehen und gewichten die Probleme ganz ähnlich. Wirklich moribund ist das Krankenhaus. Ein Drittel der niedergelassenen Ärzte klagt über zu wenig Zeit für die Patienten - unter den Krankenhausärzten sind es 58 Prozent.

Ohne den Einsatz ausländischer Ärzte könnten viele Krankenhäuser wahrscheinlich gar nicht mehr ihren Betrieb aufrecht erhalten: 44 Prozent der Klinikärzte berichten, an ihrem Hospital seien "viele ausländische Kollegen" tätig, nur ein Prozent sagt, es gebe in ihrem Haus keinen ausländischen Arzt.

Zwar ist mindestens die Hälfte der Klinikmediziner der Auffassung, die Kollegen aus dem Ausland seien "mindestens genauso gut" ausgebildet - aber immerhin 36 Prozent verneinen das.

Und auch im Krankenhaus zeigt sich: Es macht einen Unterschied aus, ob der Patient privat oder gesetzlich versichert ist. Privatpatienten klagen nur zu 31 Prozent, dass Ärzte für sie zu wenig Zeit haben, bei den Kassenpatienten sind es 52 Prozent.

All diese Umstände schlagen auf das Image der Krankenhäuser durch: Nur noch 41 Prozent der Bürger haben einen guten Eindruck von den Kliniken. In den 90er Jahren waren es noch 50 Prozent.

All dies hat nicht seine Ursache in der Qualität der Arbeit von Ärzten und Pflegern. Es sind die Arbeitsbedingungen, die beklagt werden. 52 Prozent der Klinikärzte bezeichnen sie als "weniger gut", 14 Prozent als "gar nicht gut".

An der Bezahlung kann es nicht liegen: Die hat sich gerade für Klinikärzte in den vergangenen sechs bis acht Jahren erheblich verbessert. Es sind viele nicht monetäre Faktoren, die die Arbeit in den Kliniken erschweren:

- Ein Vergütungssystem, das möglicherweise zu starke Mengenanreize setzt und zu wenig Qualität und auch Patientenzuwendung berücksichtigt.

- Ein immer noch von hierarchischen Strukturen bestimmtes System, das heute nicht mehr akzeptabel erscheint.

- Fremdbestimmung durch Bürokratie.

- Kapazitätsvergeudung durch Missmanagement, insbesondere auch in der Informationstechnologie.

- Fehlende Investitionen, Mangel an Modernisierung.

Auffällig ist, dass die Kapazitätsauslastung von Kliniken in den offiziellen Statistiken immer noch daran gemessen wird, wie hoch der Anteil warmer Betten ist - und nicht daran, ob Ärzte und Schwestern schon am Limit arbeiten.

Die Gesundheitspolitik der großen Koalition steht damit vor einer sehr komplexen Herausforderung. Mit der Errichtung eines weiteren Qualitätsinstituts beim Gemeinsamen Bundesausschuss wird es nicht getan sein.

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