Baden-Württemberg

Corona-Quarantäne? In der Telepraxis nur Nebensache!

Nur weil man als Arzt unter Corona-Quarantäne steht, heißt das nicht, an der Versorgung nicht mehr teilnehmen zu können. Telemedizin macht‘s möglich, wie ein Beispiel aus Baden-Württemberg zeigt.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Tele-Auskultation in der Praxis: Die Ergebnisse werden in Echtzeit an den zugeschalteten Hausarzt zur Beurteilung übermittelt.

Tele-Auskultation in der Praxis: Die Ergebnisse werden in Echtzeit an den zugeschalteten Hausarzt zur Beurteilung übermittelt.

© Ronald Voigt / healthcarefuturis

Stuttgart/Böblingen. Not macht erfinderisch – besonders bei den Cleverles im Ländle, wie sich mitten in der Pandemie in Böblingen eindrucksvoll zeigt. Denn seit dem Wochenende versorgt ein Hausarzt im Medi-MVZ Böblingen Patienten telemedizinisch von zu Hause aus. Nicht, dass der Arzt in SARS-CoV-2-Zeiten kontaktscheu geworden wäre; er befindet sich derzeit vielmehr selbst in Corona-Quarantäne – und zwar außerhalb der MVZ-Räumlichkeiten.

So können die Patienten weiter wie gewohnt in die Praxis kommen. Der Arzt schaltet sich dann via Bildschirm zu. Dafür wurde laut Medi ein Videochat für eine sichere Übermittlung persönlichkeitssensibler Daten eingerichtet und die Praxis mit telemedizinischem Instrumentarium ausgestattet. Vom Stethoskop über die Blutdruckmessung bis zum Otoskop für die Ohrenkontrolle übertragen alle Geräte Bilder und Daten in Echtzeit zum Arzt, sodass er in sicherer Distanz adäquat diagnostizieren und therapieren kann.

Patientenversorgung im Fokus

Nachdem der Böblinger Hausarzt aus dem Skiurlaub zurückgekommen war und Unklarheit über eine mögliche SARS-CoV-2-Infektion bestand, entschloss er sich im Benehmen mit dem Medi-MVZ Geschäftsführer Wolfgang Fink und -Gesellschafter Dr. Wolfgang von Meißner, die Patientenversorgung am MVZ telemedizinisch gestützt aufrechtzuerhalten.

„Unser Kollege hat verantwortungsvoll gehandelt und sich freiwillig in Quarantäne begeben. Er kann nicht ausschließen, dass er sich infiziert hat, auch wenn er bisher keine Symptome hat“, resümiert von Meißner. Und ergänzt: „Die Sicherheit für alle Beteiligten geht selbstverständlich absolut vor.“

Corona-Krise als Innovationstreiber

Doch ist das offensichtlich nicht die einzige Motivation. Denn Krisen weltweit sind seit jeher Innovationstreiber. Und gerade in Deutschland tut man sich auch auf ärztlicher Seite mehrheitlich noch schwer, das Potenzial zu nutzen, das die Telemedizin für die Versorgung bietet. „Wir möchten in der Corona-Krise zeigen, dass innovative Konzepte helfen können, eine hochwertige medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten“, so von Meißner.

Auch von der technischen Seite her traf es den Medi-Verbund in Baden-Württemberg nicht unverhofft mit der Corona-Quarantäne des Böblinger Hausarztes. Denn die Vorbereitungen für eine „persönliche Telemedizin“ laufen schon länger, wie es sietens des Ärzteverbunds heißt. So sollen die Verbund-MVZ ab April im Testlauf tageweise eine Praxis telemedizinisch führen. Eine Medizinisch Fachangestellte betreue dabei die Patienten vor Ort und das Netzwerk der Medi-Ärzte schalte sich telemedizinisch dazu.

Telemedizin gegen Arztmangel

Zum Zuge kommen solle dabei Infrastruktur und Ausstattung des Heidelberger Health-Start-ups Philonmed, das derzeit auch dem hausärztlichen Medi-MVZ in Böblingen die Technikplattform für die telemedizinisch gestützte Versorgung während der ärztlichen Corona-Quarantäne bereitstellt. Bisher waren die Heidelberger laut Medi mit dem Projekt „Telemedicon“ im baden-württembergischen Spiegelberg beim Aufbau einer „Ohnearztpraxis“ engagiert.

In der Kooperation unter dem Arbeitstitel „Ohnearztpraxis@medi-mvz“ sollen telemedizinische Angebote nach dem Willen des Medi-Verbundes mit dem Arzt vor Ort stärker verknüpft werden. Das sehen die Verbundärzte im Ländle auch als probates Mittel im Kampf gegen den Demografiewandel und den damit aller Wahrscheinlichkeit nach einhergehenden, stetig zunehmenden Landarztmangel.

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