Kassenvertreterin

Delegation hat ein Imageproblem

Hausärzte sehen die Delegation mehrheitlich noch unter dem Blickwinkel der Arztentlastung, nicht als modernes Versorgungsmanagement, so eine Kassenvertreterin. Sie rührt die Werbetrommel für die Delegation.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

DÜSSELDORF. Obwohl schon seit vielen Jahren über das Potenzial der Delegation ärztlicher Leistungen gesprochen wird, bewegt sich die Diskussion nicht so richtig von der Stelle.

Auch in Arztnetzen schrecken viele Ärzte immer noch vor der Delegation zurück, weiß Sonja Laag, Leiterin Versorgungsprogramme bei der Barmer in Wuppertal.

Der Grund: "Man ist nie auf der rechtlich sicheren Seite", sagte sie vor Kurzem bei einem Forum des Bundesverbands Managed Care Regional Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

Viele Rechtsfragen seien ungeklärt: Wie verhält es sich mit der Haftung? Muss die Fachkraft beim Arzt angestellt sein? Zusätzliche Hemmnisse sind der nicht eindeutig definierte Tätigkeitskatalog und die unklaren Qualitätsanforderungen.

Laag nannte weitere Gründe für die Stagnation auf diesem Gebiet: Nach wie vor präge das Ideal von der Einzelpraxis die Ärzteschaft, vor allem bei den Hausärzten; die Delegation werde unter dem Blickwinkel der Arztentlastung gesehen, nicht als modernes Versorgungsmanagement.

Strukturänderungen notwendig

Damit Arztnetze umfassende Versorgungsaufgaben übernehmen können, sind Strukturänderungen notwendig, betonte Laag. Wie genau diese aussehen sollten, will die Barmer in einem vom Innovationsfonds geförderten Projekt klären.

Ziel von "RubiN – Regional ununterbrochen betreut im Netz" ist die Entwicklung von Versorgungsnetzen für geriatrische Patienten und der notwendigen Rahmenbedingungen für die Delegation und das multiprofessionelle Arbeiten.

Der Fokus auf die Geriatrie ist dabei für Laag naheliegend. "Der geriatrische Patient braucht am meisten Vernetzung, weil er in allen Leistungsbereichen zu finden ist."

An dem Projekt beteiligen sich neun zertifizierte Arztnetze aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Schleswig-Holstein mit unterschiedlichen strukturellen Voraussetzungen.

In sechs Arztnetzen erhalten die geriatrischen Patienten ein strukturiertes Assessment, darauf basierend einen individuellen Versorgungsplan und eine passgenaue Versorgungsbegleitung in der Region.

Diese Aufgaben übernehmen speziell geschulte Netz-Casemanager. In den übrigen drei Netzen werden die geriatrischen Patienten ohne Intervention versorgt. Nach zwölf Monaten werden die Ergebnisse verglichen.

Musterverträge im Visier

Laag hofft, dass es durch das Projekt möglich wird, Musterverträge für das Casemanagement zu entwickeln – für zertifizierte Netze oder andere Versorgungsverbünde. "Wir wollen der Vernetzung eine Struktur geben."

Das Gesundheitsnetz Leverkusen erprobt – ebenfalls gefördert durch den Innovationsfonds – den Einsatz von Monitoring- und Kommunikationsassistentinnen (Monika). Sie sollen nicht-ärztliche Aufgaben übernehmen. Im Fokus von "Mambo – Menschen ambulant betreut, optimal versorgt" steht die ambulante Versorgung von betreuungsintensiven multimorbiden Patienten.

"Wir haben die mutige Vision, dass wir Patienten mit einer hohen Bedürftigkeit früher an die Hand nehmen und durch das System begleiten", erläuterte der Vorsitzende des Netzes Dr. Manfred Klemm.

Als Ziele des Projektes nannte er die Erhöhung der Lebensqualität der Patienten, die Entlastung der Ärzte und die Erhöhung der Versorgungseffizienz. Die Monikas suchen die Patienten in ihrem häuslichen Umfeld auf, prüfen, welchen zusätzlichen Unterstützungsbedarf sie haben, und koordinieren die auf die individuelle Situation abgestimmte Versorgung. Die individuell notwendigen Maßnahmen legt der betreuende Hausarzt fest.

"Die Monika schließt die Kommunikationslücke zwischen den Netzakteuren", erläuterte Klemm. Eingesetzt werden dafür in Leverkusen Fachpflegekräfte mit Erfahrungen im ambulanten Bereich.

Ziel sei es, die Patienten möglichst früh zu erreichen und eine Verschlechterung des Gesundheitszustands zu verhindern.

Professionen in Einklang bringen

"Wir handeln nicht mehr reaktiv, wir werden proaktiv", verdeutlichte Klemm. Wichtig sei die Einbeziehung möglichst vieler Akteure in die Versorgung. "Aufgabe der Monika ist es, die Menge der verschiedenen Professionen in Einklang zu bringen", zog Klemm sein Fazit zur ärztlichen Delegation in seinem Netz.

Wir wollen der Vernetzung eine Struktur geben.

Sonja Laag

Leiterin Versorgungsprogramme bei der Barmer in Wuppertal

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