Corona-Medikation

EMA entscheidet Ende Mai über möglichen COVID-19-Wirkstoff Remdesivir

Die Datenlage zugunsten des Virenhemmers Remdesivir ist durchaus umstritten. Dennoch könnte das Mittel demnächst europaweit zugelassen werden.

Von Detlef Drewes Veröffentlicht:
Aller Voraussicht nach wird Remdesivir der erste Wirkstoff, der in der EU eine Zulassung gegen COVID-19 erhält.

Aller Voraussicht nach wird Remdesivir der erste Wirkstoff, der in der EU eine Zulassung gegen COVID-19 erhält.

© sittithat tangwitthayaphum / Getty Images / iStock

Brüssel. Guido Rasi wählte seine Worte sorgfältig. Denn der Direktor der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) wusste natürlich, wie viel Hoffnung in der Coronavirus-Krise auf seiner Behörde und der Pharma-Industrie ruht. Also beließ er es am Montagnachmittag bei einer eher behutsamen Ankündigung vor dem Ausschuss für Umwelt und Gesundheit des Europäischen Parlamentes: „Es könnte sein, dass eine bedingte Marktzulassung für Remdesivir in den kommenden Tagen erteilt wird“, sagte er und fügte hinzu, vorläufige Studien hätten gezeigt, dass das ursprünglich gegen Ebola entwickele Medikament die Genesungsdauer von Corona-Patienten verkürzen kann.

Das Problem: Etliche Studien lieferten tatsächlich solche Hinweise, statistisch belastbar und vor allem tragfähig sind die Erhebungen jedoch bisher nicht. Das gilt auch für jene internationale Studie mit mehr als 1000 Covid-19-Patienten, die der Immunologe Anthony Fauci, Chef des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten der USA (NIAID), oft zitiert. Mit Remdesivir waren die Patienten durchschnittlich nach elf Tagen genesen, ohne das Präparat nach 15 Tagen.

„Positiver Eindruck“

Dennoch zeigte sich auch der Chef des Robert Koch-Institutes, Lothar Wieler, angetan: „Die Zahlen, die uns zur Verfügung stehen, machen einen positiven Eindruck“, sagt er Ende April. Aber auch er forderte mehr Daten. Der Chefarzt der Infektiologie der Münchner Klinik Schwabing, Clemens Wendtner, nannte die ersten Erkenntnisse der Behandlung ermutigend. So habe das Medikament etwa bei jedem zweiten Patienten geholfen. „Es ist zwar kein Zaubermittel, kann den Krankheitsverlauf aber positiv beeinflussen“, so Wendtners Fazit. Als wichtigste Erkenntnis der Münchner Mediziner gilt: Remdesivir kann Leben retten. Ersten Studien zufolge lag die Sterblichkeit bei schwer erkrankten Covid-19-Patienten, die mit Remdesivir behandelt worden waren, bei acht Prozent, in der Vergleichsgruppe ohne diese Therapie waren es zwölf Prozent.

Der CDU-Europaabgeordnete und Mediziner Peter Liese zeigte sich ebenfalls optimistisch: „Die bisherigen Untersuchungen haben offensichtlich gezeigt, dass Remdesivir den Krankheitsverlauf abmildert, vielleicht sogar die Todesrate absenken kann und dass die Nebenwirkungen vertretbar sind.“ In Deutschland kann das Medikament bisher nur im Rahmen von Härtefallprogrammen eingesetzt werden. Am 11. Mai empfahl der Humanarzneimittelausschuss der EMA einen breiteren Einsatz.

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Trotzdem wird die EMA nun nur eine bedingte Zulassung empfehlen. Auf Nachfrage der „Ärzte Zeitung“ wollte die Behörde noch nicht sagen, welche Auflagen sie beispielsweise zu Patientengruppen, Alter oder Vorerkrankungen machen werde. Eine bedingte Marktzulassung bedeutet, dass die Experten ein Arzneimittel als wahrscheinlich wirksam und nebenwirkungsarm einstufen, diese Einschätzung muss aber im Rahmen der Behandlung laufend und endgültig verifiziert werden. Auch bei einer bedingten Zulassung übernehmen allerdings die Kassen in Deutschland sofort die Kosten.

Somit bleibt nur noch eine wichtige Frage: Wird der US-Hersteller Gilead in der Lage sein, Europa zu versorgen? „Die Firma hat mir versichert, dass sie Remdesivir europäischen Patienten zur Verfügung stellt, wenn die bedingte Marktzulassung erfolgt ist“, bekräftigte Liese. Mit der endgültigen Empfehlung der EMA wird für den 28. oder 29. Mai gerechnet. Die eigentliche Zulassungsentscheidung ergeht danach von der EU-Kommission.

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