Haftpflicht

Helios reguliert die meisten Schadensfälle selbst

Da die Haftpflicht-Prämien für Krankenhäuser rasant gestiegen sind, hat sich Helios dazu entschieden, den Großteil der Schadensfälle aus eigener Tasche zu bezahlen. Mit dieser Strategie fährt die Klinikkette ganz gut.

Von Friederike Krieger Veröffentlicht:
Stabile Finanzmauern: Die Klinikkette Helios arbeitet mit einem eigenen Haftpflichtversicherungssystem.

Stabile Finanzmauern: Die Klinikkette Helios arbeitet mit einem eigenen Haftpflichtversicherungssystem.

© Tobias Kleinschmidt / dpa

KÖLN. Seit 2011 bearbeitet und reguliert der private Krankenhausbetreiber Helios rund 90 Prozent seiner Haftpflichtfälle selbst und nimmt seinen Versicherer Ergo nur noch selten in Anspruch.

"Nur ganz wenige Fälle landen noch beim Versicherer", sagt Professor Ralf Kuhlen, Konzerngeschäftsführer Medizin bei Helios. Das sind in erster Linie kostenintensive Großschäden wie eine Klage wegen eines Geburtsfehlers.

Der Versicherer tritt erst in Aktion, wenn ein Einzelschaden über eine Million Euro kosten wird oder die Summe der Einzelschäden in allen 72 Häusern eine gewisse Höhe übersteigt.

Um andere Fälle wie Schadenersatzansprüche wegen Aufklärungsfehlern oder Stürzen von Patienten im Krankenhaus kümmert sich die Klinikkette selbst.

Versicherungsprämien in Höhe geschnellt

Um sicherzustellen, dass genug Geld dafür vorhanden ist, haben sich die Helios-Kliniken 2010 einen separaten Kapitalstock zugelegt. "Wir sind anfangs von einer Schadenerwartung von rund 10 Millionen Euro ausgegangen, von denen wir rund 75 Prozent selbst tragen", sagt Kuhlen.

Probleme mit Ärztekammern, die zum Teil eine Haftpflichtversicherung für Mediziner vorschreiben, verursacht das Modell nicht. "Im Kern ist das immer noch eine klassische Haftpflichtversicherung, nur mit sehr hohen Selbstbehalten", erklärt Kuhlen.

Haftungsrisiken selbst zu tragen wird für Kliniken immer wichtiger. Nach Jahren des Preiskampfs sind die Versicherungsprämien empfindlich in die Höhe geschnellt. Einige Gesellschaften wie die Zurich haben sich ganz aus dem Bereich zurückgezogen - was schon manche Krankenhäuser in Deckungsnöte gebracht hat.

"Die Prämieneinsparungen durch die Eigentragung sind schon relevant", so Kuhlen. Das war aber nicht der Hauptgrund für das neue Modell. "Wir wollten Haftpflichtfälle nicht einfach als Schaden betrachten, sondern als Ansatzpunkt für die Verbesserung unseres medizinischen Risikomanagements", sagt er.

Dazu sei es nötig, dass Helios die Fälle selbst bearbeitet, anstatt das wie sonst üblich einem Versicherer zu überlassen.

"Fehler des Monats" in Mitarbeiterzeitung

Die Helios-Kliniken erfassen alle Haftpflichtschäden und Vorkommnisse, die zu Schäden werden können, in einer mit Ergo entwickelten Datenbank.

"Wir stellen uns die Frage, was genau passiert ist, warum es zu dem Vorfall gekommen ist, wie wahrscheinlich es ist, dass so etwas noch mal passiert und wie es sich vermeiden lässt", so Kuhlen.

Durch genaue Analyse der Schadenfälle lässt sich zum Beispiel herausfinden, ob OP-Checklisten in der Praxis funktionieren, die dafür sorgen sollen, dass keine Seitenverwechslungen stattfinden und keine Fremdkörper im Patienten vergessen werden.

"Es geht darum, Unzulänglichkeiten in der täglichen Routine auszumerzen", erläutert der Arzt.

Die Fälle werden mit der betreffenden Klinik diskutiert und in der Mitarbeiterzeitung unter der Rubrik "Fehler des Monats" thematisiert, falls das Problem mehrere Häuser betrifft.

Pro 1000 Patienten ein Schadensfall

4,5 Vollzeitkräfte kümmern sich bei Helios zentral um die Bearbeitung von Haftpflichtschäden. Hinzu kommen Mitarbeiter aus den einzelnen Häusern.

Bis zu einer Größenordnung von 50.000 Euro macht Helios die Schadenbearbeitung komplett selbst, bei größeren Summen in Rücksprache mit dem Versicherer.

"Wenn der Patient relevant dauerhaft geschädigt wurde, übernimmt der Versicherer die formelle Schadenbearbeitung",, verdeutlicht Kuhlen. Inhaltlich setze sich die Klinikkette aber auch mit Großschäden auseinander, um daraus zu lernen.

Dieses Modell fruchtet. "Pro 1000 Patienten haben wir einen Schadensfall", so Kuhlen. "Das liegt unter dem Durchschnitt."

Das Modell der Eigentragung habe nicht nur zu einem Bewusstseinswandel im Umgang mit Fehlern geführt, sondern die Kommunikation mit den betroffenen Patienten grundlegend verändert, so Kuhlen.

So erfolge der erste Kontakt mit den Geschädigten meist schon innerhalb von wenigen Tagen statt erst nach Wochen.

Reguliert ein Versicherer einen Schaden, läuft die gesamte Kommunikation mit dem Betroffenen über ihn. Der verantwortliche Mediziner darf sich gegenüber dem Patienten dann nicht mehr zu dem Fall äußern.

"Wenn wir den Schaden selbst bearbeiten, können wir offener mit dem Fehler umgehen und uns bei den Betroffenen entschuldigen", hebt Kuhlen hervor. Für Klinikärzte ist das eine neue, ungewohnte Situation.

"Das muss man trainieren", gibt er zu. Helios bietet den Medizinern regelmäßig Workshops zu dem Thema an.

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