Kommentar zur Impfkampagne

Impfstoff in Rekordzeit – jetzt den Erfolg nicht zerreden!

Der Impfstoff gegen Corona ist da und wird tausendfach verabreicht: Die Opposition will mit Forderungen nach mehr Geschwindigkeit punkten. Doch es wäre besser, jetzt die Kirche im Dorf zu lassen.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:

Ein Start-up aus Mainz tut sich mit einem Pharma-Riesen zusammen und schafft es, in Rekordzeit einen Impfstoff gegen COVID-19 zu entwickeln. Die Szene am Frühstückstisch des Gründer-Ehepaars von BioNTech im Januar, mit der Idee, einen mRNA-Impfstoff zu entwickeln, ist oft beschrieben worden. Es ist phänomenal, wie schnell aus dieser Idee ein regulär zugelassener Impfstoff wurde, der im kommenden Jahr millionenfach produziert werden wird.

Der Erfolg hat viele Väter: Zu den Gewinnern gehört die Marktwirtschaft, unter deren Bedingungen es möglich war, dass bei aller Regulierung doch eine Express-Entwicklung des Impfstoffs möglich war – und das nicht nur einmal, sondern gleich in mehreren Unternehmen.

Von diesem unternehmerischen Wagemut profitieren – das sei zugegeben – schneller die reichen als die weniger entwickelten Länder. Immerhin werden über die Impfstoff-Initiative COVAX auch an weniger zahlungskräftige Staaten nach und nach Impfstoffe verteilt.

Hohes unternehmerisches Wagnis

Auch die Forschungsförderung in Deutschland und in anderen Ländern hat ihren Anteil an dem Erfolg. Denn ohne die über viele Jahre auch staatlich geförderte Grundlagenforschung an mRNA hätte die Entwicklung des neuen Impfstoffs nie so schnell zum Ziel führen können. Und auch die staatlichen Programme, um die direkte Impfstoff-Entwicklung zu finanzieren, haben letztlich viel dazu beigetragen, dass es so schnell gehen konnte.

Zu den Gewinnern darf sich auch die Pharmaindustrie zählen, die, als es darauf ankam, Innovationsgeist bewiesen hat. Und es hat nichts Anrüchiges, wenn die Impfstoffentwickler BioNTech und dessen Partner Pfizer sowie deren Geldgeber jetzt auch finanziell von ihrem Erfolg profitieren. Denn es war zweifelsohne ein hohes Wagnis, dass BioNTech die Entwicklungskapazitäten stark auf den Corona-Impfstoff konzentrierte und andere Projekte hintanstellte.

Gewinner sind natürlich auch die Politiker, die jetzt auf das sich nähernde Ende der Einschränkungen verweisen können.

Drohende Kollateralschäden bei Unternehmen

Stirnrunzeln nicht nur von Ordnungspolitikern verursachen dagegen aktuell die Forderungen unter anderem aus der FDP, die Produktionskapazitäten für die Impfstoffe über Lizenzen an andere Unternehmen auszuweiten und so noch schneller zu noch größeren Impfstoffmengen zu kommen.

Als ob eine solche gentechnische Produktion, mir nichts, dir nichts, ohne Qualitätsprobleme aus dem Boden gestampft werden könnte, einmal ganz abgesehen von den Kollateralschäden bei Unternehmen, die in einem solchen Fall ihre Patentrechte eingeschränkt sähen.

Eine solche Diskussion jetzt vom Zaun zu brechen ist sogar doppelt schädlich: Denn damit wird medial ein Nebenkriegsschauplatz eröffnet, der ablenkt von dem eigentlich unstrittigen Erfolg. Dabei gilt es gerade jetzt, das Vertrauen in der Bevölkerung zu stärken, um durch eine hohe Impfbereitschaft schnell wieder zu einem Leben ohne Einschränkungen zurückzukommen.

Wer jetzt den Erfolg der Impfstoffentwicklung zerredet, sollte sich nicht wundern, wenn am Ende (zu) viele einer Immunisierung gegen Corona die kalte Schulter zeigen, statt die Ärmel für die Impfung hochzukrempeln.

Schreiben Sie dem Autor: hauke.gerlof@springer.com

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