Bundesarbeitsgericht

Kein unmittelbarer Arbeitnehmeranspruch auf Eingliederungsmanagement

Auch wenn Mitarbeiter oft und länger krank sind, können sie nicht von sich aus ein Verfahren im Sinne des betrieblichen Eingliederungsmanagements einfordern.

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Erfurt. Arbeitnehmer mit hohen Fehlzeiten können von ihrem Arbeitgeber nicht verlangen, dass er ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) einleitet. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem aktuell veröffentlichten Urteil entschieden. Das 2004 eingeführte bEM soll verhindern, dass Beschäftigte mit hohen Fehlzeiten vorschnell entlassen werden. Bei mehr als sechs Krankheitswochen innerhalb von zwölf Monaten ist das Verfahren Pflicht. Der Arbeitgeber soll dann prüfen, ob die häufige Arbeitsunfähigkeit durch betriebliche Maßnahmen überwunden werden kann.

Der Kläger im entschiedenen Fall arbeitet bei einer Gemeinde in Franken. Ursprünglich war er im Bauhof beschäftigt, wurde aber bereits 2016 in einen körperlich weniger belastenden Bereich versetzt. Dennoch war er 2018 an 122 Arbeitstagen und von Januar bis zum 25. August 2019 an weiteren 86 Tagen arbeitsunfähig krank. Ohne Erfolg forderte er die Gemeinde auf, ein bEM einzuleiten.

Auch das BAG wies den Kläger nun ab. Er habe keinen Anspruch, selbst die Einleitung eines bEM zu verlangen. Zur Begründung erklärten die Erfurter Richter, das im Sozialgesetzbuch IX verankerte bEM sei bewusst als Aufgabe des Arbeitgebers ausgestaltet worden. Dabei mache das Gesetz deutlich, „dass nicht jeder Pflicht des Arbeitgebers ein entsprechender Anspruch beziehungsweise ein entsprechendes Recht des Arbeitnehmers gegenübersteht“. Eine Kontrolle sehe das Gesetz nur durch den Betriebs- oder Personalrat sowie gegebenenfalls die Schwerbehindertenvertretung vor.

Auch in kleineren Betrieben ohne Arbeitnehmervertretung muss das bEM nicht ohne Wirkung bleiben. Denn schon nach bisheriger Rechtsprechung kann eine Kündigung unwirksam sein, wenn der Arbeitgeber seiner diesbezüglichen Pflicht nicht nachgekommen ist. Dies gilt allerdings nicht, wenn er nachweisen kann, dass das Verfahren ohnehin erfolglos geblieben wäre. (mwo)

Bundesarbeitsgericht, Az.: 9 AZR 571/20

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