Kündigung nicht immer rechtens nach Fäkaltiraden

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STUTTGART (maw). Die Beschimpfung als "Arschloch" rechtfertigt nicht immer eine fristlose Kündigung. Wie der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des Verbands deutscher ArbeitsrechtsAnwälte (VdAA), mit Blick auf ein aktuelles, rechtskräftiges Urteil des Landesarbeitsgerichtes Schleswig-Holstein (LAG) hinweist, kann die notwendige Einzelfallprüfung und Interessenabwägung auch zu dem Ergebnis führen, dass eine Abmahnung ausreicht.

Im konkreten Fall hatte ein Kraftfahrer zu einem Kundenvertreter mehrfach "Arschloch" gesagt, woraufhin ihm sein Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aussprach. Wie das LAG hervorhob, war der Kläger seit mehr als sechs Jahren als Kraftfahrer in einem Logistikzentrum tätig. Er hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach einen bestimmten Kunden über eine sehr enge Einfahrt mit einer sehr knapp bemessenen Durchfahrtshöhe unfallfrei beliefert.

Bei einer solchen Anlieferung wurde er eines Tages von einer ihm unbekannten Person, letztendlich dem Liegenschaftsverwalter, nach der Bemerkung "Wie oft wollt ihr jetzt da oben noch gegen fahren?" in gereiztem Ton aufgefordert, nicht weiter zu fahren. Nach seiner Antwort: "Ich liefere hier seit Jahren und jetzt aus dem Weg, du Arsch" ergab sich ein Wortgefecht, in dem der Kläger sein Gegenüber noch mehrfach als "Arschloch" bezeichnet hatte.

Der Kläger hatte ihn für einen "Wichtigtuer" gehalten. Das LAG sah darin keinen ausreichenden Grund für die Kündigung des bis dahin unbeanstandeten Arbeitsverhältnisses. Danach stellt das grob beleidigende Verhalten des Klägers zwar grundsätzlich einen erheblichen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar.

Auch wenn es die Geschäftsbeziehungen des Arbeitgebers gefährde, müsse hier zugunsten des Klägers jedoch berücksichtigt werden, dass er nicht gewusst habe, wer sein Gegenüber war und dass es sich um einen Repräsentanten des Kunden handelte. Auch habe er in der Vergangenheit die beengten Verhältnisse stets ohne Schäden gemeistert. Eine Abmahnung hätte genügt, um der Wiederholung des Fehlverhaltens vorzubeugen.

Az.:4 Sa 474/09

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