Interview

Lehrpraxis - keine große Belastung für den Betreiber

Professor Antje Bergmann, selbst Betreiberin einer Lehrpraxis, ist ständig auf der Suche nach neuen Partnern. Vor allem jüngere Praxisinhaber sind gefragt.

Veröffentlicht:

Ärzte Zeitung: Frau Dr. Bergmann, ist eine Lehrpraxis eine Belastung?

Professor Antje Bergmann: Nein. Man muss koordinieren und organisieren, klar, das braucht Zeit. Aber eine Belastung ist es nicht, sonst würden wir es nicht machen.

Ärzte Zeitung: Sie haben 70 Partner als Lehrpraxen. Sind das genug?

Bergmann: Bei den Lehrpraxen gilt das gleiche wie für Hausarztpraxen in ganz Sachsen: Vor allem bei den Jüngeren gibt es einen Mangel. Wir suchen deshalb ständig nach neuen Lehrpraxen, auch jüngeren Praxisinhabern, weil immer wieder ältere Hausärzte aufhören und diese Praxen als Partner für die Ausbildung der Studierenden wegfallen.

Ärzte Zeitung: Gibt es regionale Schwerpunkte?

Bergmann: Die meisten Lehrpraxen befinden sich eher im städtischen Bereich. Erstens, weil es hier mehr Ärzte gibt. Aber auch, weil es sich infrastrukturell anbietet. Die Anbindung ist für die Studenten besser, und das ist oft auch wichtig, weil ja während des Blockpraktikums auch Abendveranstaltungen an der Uni laufen können.

Ärzte Zeitung: Also ist aus Ihrer Sicht eher abzuraten vom Blockpraktikum in der Landarzt-praxis?

Professor Antje Bergmann

Professor Antje Bergmann ist Inhaberin des Lehrstuhls für Allgemeinmedizin der Medizinischen Fakultät an der TU Dresden.

Sie koordiniert die 70 Lehrpraxen des Bereiches Allgemeinmedizin der Medizinischen Klinik III.

Bis 2010 arbeitete sie im Medizinischen Versorgungszentrum des Uniklinikums. Am 1. November 2011 eröffnete sie mit ihrer Kollegin eine Gemeinschaftspraxis - eine Lehrpraxis.

Bergmann: Nein, gar nicht, im Gegenteil. Man kann das Praktikum ja auch während der vorlesungsfreien Zeit absolvieren und dann am Stück in einer ländlich gelegenen Praxis. Dort gibt es dann auch oft Unterkunft und Verpflegung inklusive. Wir haben jedenfalls sehr viele gute Partner im ländlichen Bereich.

Ärzte Zeitung: Eine Lehrpraxis zu betreiben, bedeutet auf jeden Fall einen nicht unerheblichen Aufwand. Warum sollte man sich das als Arzt antun?

Bergmann: Alle, die das machen, sind intrinsisch motiviert. Sie wissen um den Hausarztmangel, sie lieben ihren Beruf und wollen diese Begeisterung weitergeben. Es braucht Rollenvorbilder, um zu zeigen, dass das ein schöner Beruf ist, den es lohnt, zu ergreifen.

Für einen Arzt, der ausbildet, ist es natürlich auch eine Investition in die Zukunft. Man findet einen Praktikanten, der wird später vielleicht ein PJ-ler, später vielleicht ein Weiterbildungsassistent - und irgendwann eventuell auch ein Nachfolger für die Praxis.

Ärzte Zeitung: Funktioniert das tatsächlich?

Bergmann: Ja, klar. Es kommt nicht selten vor, dass ein Hausarzt sich mit 60 Jahren entscheidet, eine Lehrpraxis zu betreiben - und so die Nachfolgeregelung einleitet.

Ärzte Zeitung: Wie kommen die Lehrpraxen eigentlich bei den Studenten an?

Bergmann: Ich gebe mich nicht der Illusion hin, alle hundertprozentig vom Beruf des Hausarztes zu überzeugen. Aber die allermeisten schätzen die Erfahrung sehr, und es ist ja auch eine wichtige, selbst, wenn man später nicht als Hausarzt arbeitet.

Herzchirurgen und Gynäkologen, die in der Klinik tätig sind, sollten ruhig wissen, welche Arbeit ihre Kollegen vorher leisten, bevor die Patienten eine Überweisung oder eine Krankenhauseinweisung bekommen.

Sehr gut kommt bei den Studenten die optimale Eins-zu-Eins-Betreuung in der Lehrpraxis an. Das haben sie in keinem anderen Fach.

Das Interview führte Thomas Trappe.

Lesen Sie dazu auch: Lehrpraxis: Eine Übungsbühne für den Arztnachwuchs

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