Nach Corona-Beschlüssen

Müssen Ärzte ihre Praxen Gründonnerstag schließen?

Gründonnerstag soll ein Ruhetag werden. Für Arztpraxen könnte das bedeuten, dass sie schließen müssten. In vielen KVen herrscht Ratlosigkeit.

Von Margarethe Urbanek Veröffentlicht:
Die „Ruhezeit zu Ostern“ sorgt erst einmal für mächtig Unruhe. Im Zweifel müssten Praxen schließen und Bereitschaftsdienste ad hoc organisiert werden. Geklärt ist derzeit noch nichts.

Die „Ruhezeit zu Ostern“ sorgt erst einmal für mächtig Unruhe. Im Zweifel müssten Praxen schließen und Bereitschaftsdienste ad hoc organisiert werden. Geklärt ist derzeit noch nichts.

© Murat Subatli /stock.adobe.com

Berlin. Die von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossene „erweiterte Ruhezeit zu Ostern“ sorgt im Gesundheitswesen für Unruhe. Denn sollte der Gründonnerstag als Feiertag gelten, müssten bundesweit ärztliche Bereitschaftsdienste organisiert werden. Krankenhäuser müssten Feiertagszulagen zahlen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) berichtete am Dienstag von „vielen Anfragen“, die sie derzeit zu diesem Thema erreiche.

Unklar war am Tag nach der Bund-Länder-Konferenz zunächst die konkrete gesetzliche Regelung für den Gründonnerstag. Laut Bundeskanzlerin Angela Merkel und etlichen Länderchefs soll er „wie Sonntage“ behandelt werden.

Der Bund sollte dazu „einen Vorschlag zur rechtlichen Umsetzung“ vorlegen. Ein solcher lag bis Dienstagnachmittag zunächst nicht vor. Ein Regierungssprecher sagte der „Ärzte Zeitung“, das Bundesinnenministerium prüfe die Umsetzung des Beschlusses noch.

Uneinigkeit bei Kassenärztlichen Vereinigungen

Indes erwecken Stellungnahmen aus den Ländern zunehmend den Eindruck, dass es auf einen prinzipiell arbeitsfreien Gründonnerstag hinauslaufen wird. „Zur Arbeit gehen darf nur, wer absolut systemrelevant ist“, heißt es etwa von der niedersächsischen Staatskanzlei. Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) erklärte am Dienstag, Gründonnerstag und Ostersamstag seien wie Feiertage zu betrachten.

So steht es im Arbeitszeitgesetz

  • Paragraf 9: Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden.
  • Paragraf 10: (...) Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden (...) in Not- und Rettungsdiensten, (...) in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen (...).
  • Paragraf 11: Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben (...).
Für Ärzte hieße das, die Praxis müsse geschlossen bleiben. Das Arbeitszeitgesetz sieht für sie im Regelfall keine Ausnahmen für die Sonn- und Feiertagsbeschäftigung vor. Für die Krankenhäuser in der Republik würde das bedeuten, dass ihre Mitarbeiter einen Ausgleichstag für Dienste am Gründonnerstag erhielten. Und je nach Tarifvertrag wären Zulagen zu zahlen. Ob das auch für den Oster-Lockdown gilt, blieb bis Dienstagnachmittag offen. In den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) herrscht Uneinigkeit.
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So geht die KV Niedersachsen in einer Mitteilung davon aus, „dass Arzt- und Psychotherapeutenpraxen am Gründonnerstag geöffnet sind“. Gleichzeitig betont sie, es sei noch nicht klar, „welche Bereiche tatsächlich eine Sondererlaubnis zur Öffnung bekommen“. Die Sozialbehörde in Hamburg hingegen hat laut der dortigen KV mitgeteilt, dass am Gründonnerstag nur „lebenswichtige Behandlungen und Impftermine wahrgenommen werden können“. Alle anderen Termine sollen abgesagt werden, empfiehlt sie. Die KV werde einen Notdienst organisieren.

Bereitschaftsdienste im Zweifel ad hoc organisieren

Auch in anderen KVen herrschte am Dienstag zunächst Unklarheit. Man werde die Entscheidungen der Landesregierungen abwarten und dann handeln, hieß es. In größeren KV-Regionen müssten im Zweifel ad hoc Bereitschaftsdienstschichten organisiert werden.

Die KV Berlin will sich unterdessen aus der Organisation den Berliner Impfzentren zurückziehen und hat den Vertrag mit dem Senat darüber gekündigt. Die Kündigung sei erfolgt, damit sich die Laufzeit nicht über Ende April hinaus verlängere, sagt Berlins KV-Chef Dr. Burkhard Ruppert im Interview mit der „Ärzte Zeitung“. Die KV Berlin plädiere für eine vorrangige Belieferung der Arztpraxen mit Impfstoff, nicht für den Vorrang der Impfzentren. Dafür aber hatte der „Impfgipfel“ von Bund und Ländern am Freitag votiert. (Mitarbeit af)
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