E-Health

NRW will Telenotarzt in die Fläche bringen

Anlässlich des Europäischen Tags des Notrufs hat Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann eine Absichtserklärung zur Einführung sogenannter Telenotärzte unterschrieben.

Von Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Von links nach rechts: Dr. Martin Klein, Hauptgeschäftsführer des Landkreistages NRW; Professor Andreas Meyer-Falcke, Gesundheitsdezernent der Stadt Düsseldorf; Helga Stulgies, Feuerwehrdezernentin der Stadt Düsseldorf; Karl-Josef Laumann, NRW-Gesundheitsminister; Rolf Buchwitz, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg; Dr. Hans-Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe nach der Unterzeichnung der Absichtserklärung zum Telenotarzt NRW.

Von links nach rechts: Dr. Martin Klein, Hauptgeschäftsführer des Landkreistages NRW; Professor Andreas Meyer-Falcke, Gesundheitsdezernent der Stadt Düsseldorf; Helga Stulgies, Feuerwehrdezernentin der Stadt Düsseldorf; Karl-Josef Laumann, NRW-Gesundheitsminister; Rolf Buchwitz, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg; Dr. Hans-Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe nach der Unterzeichnung der Absichtserklärung zum Telenotarzt NRW.

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Düsseldorf. In NRW soll es spätestens Ende 2022 in jedem der fünf Regierungsbezirke an wenigstens einem Standort ein Telenotarzt-System geben. Danach sollen weitere Standorte folgen, bis es in dem Bundesland eine flächendeckende Telenotarzt-Struktur gibt. Das sieht eine Absichtserklärung vor, die am Dienstag anlässlich des europäischen Tags des Notrufs 112 in der Leitstelle der Berufsfeuerwehr in Düsseldorf unterzeichnet wurde.

Beim Telenotarzt-System stehen den Rettungsteams vor Ort rund um die Uhr Notärzte per Headset als Backup unterstützend zur Verfügung. Das soll eine bessere Erstversorgung bis zum Eintreffen des Notarztes oder auf dem Weg ins Krankenhaus ermöglichen. Aus dem Rettungswagen können über sichere Leitungen Vitaldaten in die Zentrale geschickt werden, ebenso Fotos oder Berichte; der Telenotarzt kann den Patienten per Video begutachten. In Aachen ist ein solches System seit 2014 im Einsatz.

„Fahrlässig, es nicht zu machen“

Die guten Erfahrungen in Aachen seien der Anstoß gewesen, den Telenotarzt jetzt sukzessive auszurollen, sagte Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bei der Vertragsunterzeichnung. „Es wäre nahezu fahrlässig, es nicht zu machen.“ Der Notarzt vor Ort solle durch den Telenotarzt nicht ersetzt, sondern ergänzt werden, betonte Laumann. „Der Notarzt kann jetzt zielgenauer eingesetzt werden.“ Das sei nicht zuletzt angesichts des Ärztemangels wichtig. Auch das Telenotarzt-System benötige ärztliche Ressourcen. Deshalb könne es nicht in jedem Kreis oder jeder Stadt implementiert werden.

11.2., das Datum des Europäischen Tag des Notrufs, steht symbolisch für die europaweit gültige Notrufnummer 112.

Nach einer Bedarfs- und Potenzialanalyse der Universität Maastricht werden in NRW zwölf bis 16 Systeme benötigt. Das entspricht einer Versorgung von jeweils einer Million bis 1,5 Millionen Menschen. Den Auftakt bei der Implementierung werden die Landeshauptstadt Düsseldorf und die Kreise Höxter, Lippe und Paderborn machen, in denen die Leitstellen der Feuerwehren bereits zusammenarbeiten. Laumann ist überzeugt, dass der Telenotarzt in Zusammenarbeit mit Rettungssanitätern die medizinische Versorgung verbessern wird. Er erhofft sich aber noch einen weiteren Vorteil: „Die Menschen werden sehen, dass die Digitalisierung auch viele Vorteile hat.“

Kostenträger überzeugt

Die Kassen in NRW werden die Kosten für die flächendeckende Implementierung und den Betrieb des Systems übernehmen. Wie hoch die Kosten sein werden, sei noch nicht abzusehen, so Rolf Buchwitz, Vize-Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg. Klar ist für ihn, dass der Telenotarzt die Notfallversorgung stärken wird. „Als Kassen wollen wir einen sinnvollen Beitrag leisten, die vorklinische Notfallmedizin zeitgemäß zu ergänzen.“ Notwendig sind laut Buchwitz eine Standardisierung des Vorgehens und Absprachen innerhalb des Rettungswesens. Der AOK-Vize sprach sich dafür aus, in der anstehenden Notfallreform auf Bundesebene den digitalen Möglichkeiten mehr Raum zu geben als bislang vorgesehen.

Kammern kooperieren

Für den Präsidenten der Ärztekammer Westfalen-Lippe Dr. Hans-Albert Gehle, der selbst 25 Jahre im Rettungsdienst tätig war, ist der Telenotarzt ein konsequenter Schritt. „Es ist wichtig, dass wir die richtige Ressource an den richtigen Ort bringen, sonst brennt dieses System aus.“ Ein entscheidendes Erfolgskriterium sei die Qualifizierung der Ärzte. Die Ärztekammern Westfalen-Lippe und Nordrhein erarbeiten zurzeit eine strukturierte Fortbildung für Telenotärzte.

„Leitstellen bleiben das Rückgrat“

Wie Minister Laumann setzt auchGehle auf eine möglich schnelle Implementierung des Systems. „Wir wissen ja nicht, was über die Bundesgesetzgebung an Strukturen vorgegeben wird.“ Gerade im ländlichen Raum gebe es in den Kommunen die Befürchtung, dass der Telenotarzt die Rettungsleitstellen verdrängen könnte, berichtete Dr. Martin Klein, Hauptgeschäftsführer des nordrhein-westfälischen Landkreistages. Das sei aber nicht der Fall.

„Die Leitstellen bleiben das Rückgrat der Notfallversorgung.“ Es ist vorgesehen, dass verschiedene Kommunen gemeinsam Träger des Telenotarztes werden. Das werde dazu führen, dass eher ländliche und eher städtische Regionen gleichermaßen ausgestattet werden, hofft Klein.

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