So vermeiden Ärzte den Nocebo-Effekt

Bei manchen Patienten tauchen statt Placebo- sogenannte Nocebo-Effekte auf. Doch Ärzte können im Gespräch vorbeugen.

Veröffentlicht:
Wenn ein Arzt einen Patienten über mögliche Nebenwirkungen aufklärt, sollte er die Informationen in einen positiven Rahmen packen.

Wenn ein Arzt einen Patienten über mögliche Nebenwirkungen aufklärt, sollte er die Informationen in einen positiven Rahmen packen.

© Troels Graugaard / iStockphoto.com

NEU-ISENBURG (reh). Lässt sich bei mancher Therapie der Placebo-Effekt gut nutzen, kann bei Patienten auch ein Nocebo-Effekt auftauchen, allein deshalb, weil sie über mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt wurden.

Was das für den Praxisalltag bedeutet? Ärzte müssen beim Aufklärungsgespräch noch viel sensibler vorgehen, lautet das Fazit von Franklin G. Miller und Luana Colloca in der Zeitschrift "Theoretical Medicine and Bioethics" (2011; 4; 229-243).

Einerseits müssten Ärzte die Autonomie der Patienten respektieren. Andererseits könnte der Nocebo-Effekt nicht nur die Vorteile einer Therapie erheblich schmälern, sondern auch die Risiken erhöhen - besonders das Risiko, dass Patienten etwa Medikamente einfach absetzen.

Studie mit Patienten mit benignem Prostatasyndrom

Die beiden Mediziner haben in ihrem Artikel "The placebo phenomenon and medical ethics" mehrere Studienergebnisse zusammengetragen, die den Effekt belegen. So seien Patienten mit benignem Prostatasyndrom (BPS) neu auf einen 5-alpha-Reduktasehemmer eingestellt worden (J Sex Med 2007; 4: 1708).

Der einen Hälfte der Teilnehmer habe man zuvor nur gesagt, dass sie ein Standardmedikament erhielten, ohne die Nebeneffekte auf ihr Sexualleben zu nennen. Den anderen Teilnehmern wurde von solchen möglichen Nebenwirkungen erzählt.

Die Teilnehmer der zweiten, aufgeklärten Gruppe hätten weitaus häufiger über negative Auswirkungen berichtet als die Teilnehmer der ersten Gruppe, schreiben Miller und Colloca.

Verschweigen wäre falsche Strategie

Der Tipp der beiden Mediziner lautet daher: Patienten aufklären, aber die Informationen in einen positiven Rahmen packen. Das kann so aussehen, dass der Arzt zunächst über positive Effekte und Vorteile der Therapie berichtet und anschließend über die Nebenwirkungen spricht, aber mit dem Hinweis, dass diese nur bei wenigen Patienten auftreten.

In der Zeitschrift "Psychosomatic Medicine" (2011; 73; 598-603) empfiehlt Colloca zudem, eher den Prozentsatz der Patienten zu nennen, bei denen in Studien die Nebenwirkungen nicht auftauchten. Verschweigen wäre in Zeiten des Internets die falsche Strategie, da die Patienten im Web leicht mögliche Nebenwirkungen herausbekommen.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

KBV-Mitteilung

DMP Koronare Herzkrankheit wird aktualisiert

Missbrauch von Kooperationsform

LSG Potsdam: Praxisgemeinschaft darf nicht wie BAG geführt werden

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Große Datenbankanalyse

Schwindel als mögliches Warnsignal für Alzheimer

Lesetipps
Mann greift sich an die Brust.

© andranik123 / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Brustschmerz in der Hausarztpraxis: Was tun?

Nahaufnahme wie eine Kind ein orales Medikament einnimmt.

© Ermolaev Alexandr / stock.adobe.com

Häufiges Problem bei Kindern

Nach Medikamentengabe gespuckt – was tun?