SARS-CoV-2

Sollten Kliniken schon jetzt Betten für COVID-Patienten freihalten?

Am Wochenende ist eine Diskussion über die Klinikkapazitäten und die Nutzung freier Betten entbrannt. Der Helios-Chef sieht noch keinen Bedarf, Betten frei zu halten, es gibt aber auch andere Meinungen.

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Derzeit stehen bundesweit rund 30.000 Intensivbetten zur Verfügung – noch gibt es keinen Engpass. Diskutiert wird aktuell, ob genügend Personal vorhanden ist, um sich um die Patienten zu kümmern.

Derzeit stehen bundesweit rund 30.000 Intensivbetten zur Verfügung – noch gibt es keinen Engpass. Diskutiert wird aktuell, ob genügend Personal vorhanden ist, um sich um die Patienten zu kümmern.

© patrikslezak / stock.adobe.com

Berlin. Der Chef der Helios-Kliniken, Francesco De Meo, hat sich dagegen ausgesprochen, vorsorglich Klinikbetten für Covid-19-Patienten frei zu halten. Im Frühjahr waren die Krankenhäuser dazu angehalten worden und hatten als Ausgleich eine Prämie erhalten.

„Wir waren weit davon weg, nicht genug freie Intensivkapazitäten zu haben“, sagte De Meo der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Unsere Krankenhäuser können ganz erheblich mehr an COVID-19 verkraften, als wir im März angenommen haben.“ Aus den Meldedaten der Gesundheitsämter lasse sich eine Woche im Voraus ziemlich genau erkennen, wie viele schwere COVID-19-Fälle auf das Gesundheitssystem zukommen. „Diese Woche reicht uns, um das Krankenhausgeschehen komplett umzustellen“, so De Meo.

Die Zahl der intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Fälle hat sich laut Robert Koch-Institut in den vergangenen zwei Wochen von 730 Patienten auf 1839 Patienten mehr als verdoppelt. Bund und Länder wollen an Covid-19 erkrankte Intensivpatienten bei knappen Kapazitäten künftig zwischen den Bundesländern verteilen.

Fehlendes Personal: Schon bald Kollaps in vielen Kliniken?

Unterdessen hat der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans mit Blick auf die steigenden Corona-Zahlen vor einem Kollaps in vielen Krankenhäusern gewarnt. „Die Situation ist erschreckend und alarmierend: Schon bald kann es zu einem Kollaps in vielen der 1900 Krankenhäuser in Deutschland kommen“, sagte der CDU-Politiker der „Bild am Sonntag“.

Gerade jetzt, wo in der zweiten Corona-Welle jeder Intensiv- und Beatmungsplatz dringend benötigt werde, würden Kliniken aus der Versorgung fallen, Stationen geschlossen und Notaufnahmen abgemeldet. „Grund ist fehlendes oder erkranktes Pflegepersonal.“

DIVI-Präsident: „Nicht mehr viel Spielraum“

Der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Uwe Janssens, sagte der Zeitung: „Es ist in einigen Bundesländern nicht mehr viel Spielraum. Berlin hat nur noch 14 Prozent freie Intensivbetten, Bremen 17 Prozent.“

Dies liege auch daran, „dass viele Kliniken immer noch ihr Routineprogramm durchführen“. Als Beispiele nannte er Magen-Bypässe und Gelenk-Operationen. Mit Blick auf die Lage zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr sagte Janssens: „Damals war die Situation übrigens viel weniger dramatisch als das, was jetzt auf uns zukommt.“

Neuer Rettungsschirm gefordert

Hans forderte aufgrund der Situation einen Rettungsschirm für die Kliniken: „Sie brauchen dringend Unterstützung. Neben dem Personalengpass droht den Krankenhäusern der finanzielle Kollaps.“ Sein Vorschlag: „Wir sollten jetzt dringend die Freihaltepauschalen wieder einführen, damit die Kliniken in den nächsten Wochen und Monaten finanziell abgesichert sind.“

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz setzt sich im Kampf gegen die Corona-Pandemie für eine Nachbesserung des DIVI-Registers ein, das die Auslastung der Intensivbetten in Deutschland angibt.

„Es fehlt schlichtweg qualifiziertes Personal“

„Es zeigt sich, dass das Intensivbetten-Register wenig bringt“, sagte der Vorstand der Patientenschützer, Eugen Brysch, der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. Es sei zweifelhaft inwieweit die im Register als verfügbar angezeigten Betten auch tatsächlich belegt werden könnten. „Im neunten Monat der Pandemie fehlt schlichtweg qualifiziertes Personal, das die professionelle Hilfe am Schwerstkranken leisten kann.“

Aus Sicht von Brysch sollten die Krankenhäuser künftig auch melden, „ob für die Plätze genügend Fachpersonal bereitsteht.“ Wenn bei gemeldeter Kapazität Patienten abgewiesen werden, müsse das Konsequenzen für diese Krankenhäuser haben. „Sonst wird das Intensivbetten-Register zu einem Taschenspielertrick.“ (dpa)

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