Stickoxid

Städte dürfen Fahrverbote verhängen

Das Bundesverwaltungsgericht hält Diesel-Fahrverbote für rechtens – allerdings mit Auflagen.

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LEIPZIG. Die Luftreinhaltepläne für abgasbelastete Städte müssen auch Fahrverbote für Diesel-Pkw vorsehen, wenn anders die europarechtlichen Grenzwerte für Stickoxide nicht eingehalten werden können. Das hat am Dienstag das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zu den Luftreinhalteplänen Düsseldorf und Stuttgart entschieden. Dabei schlagen die Richter aber Verbote in Stufen vor. Euro-5-Fahrzeuge dürften nicht vor September 2019 einbezogen werden.

Damit wies das BVerwG die Sprungrevisionen von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg gegen Urteile der Verwaltungsgerichte Düsseldorf und Stuttgart weitgehend ab. Danach sind Fahrverbote nicht ausgeschlossen und von den Behörden zumindest zu prüfen. Nach dem Urteil gilt dies jedenfalls dann, wenn Fahrverbote die einzige geeignete Maßnahme sind, um die Grenzwerte zeitnah einzuhalten.

Zur Begründung verwies das BVerwG auf das europäische Recht. Danach gilt seit 2010, dass das Jahresmittel für Stickoxide nicht über 40 Mikrogramm liegen darf und Stundenmittel über 200 Mikrogramm höchstens 18 Mal im Jahr erreicht werden. Könnten diese Werte noch nicht eingehalten werden, müsse der Zeitraum einer Überschreitung nach EU-Recht "so kurz wie möglich" gehalten werden. Zwar lasse Bundesrecht Fahrverbote speziell für Dieselfahrzeuge bislang nicht zu. Dies müsse aber außer Acht bleiben, wenn das EU-Recht sonst nicht umgesetzt werden kann.

Bei Fahrverboten müsse aber auch der ebenfalls im EU-Recht verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben, so das BVerwG weiter. Daher könnten etwa in Stuttgart Fahrverbote zunächst nur für ältere Fahrzeuge gelten, etwa bis zur Abgasnorm Euro 4. Euro-5-Fahrzeuge dürften erst dann einbezogen werden, wenn mindestens vier Jahre auch Euro-6-Diesel-Pkw auf dem Markt sind – also "nicht vor dem 1. September 2019". Zudem müsse es Ausnahmen geben, etwa für Handwerker und Anwohner.

Darauf hatte auch Damian Sternberg, Rechtsanwalt bei der Sozietät Busse & Miessen, im Vorfeld des Urteilsspruchs im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" hingewiesen. "Auf den Gesundheitssektor wird man bei der Regelung von Ausnahmen und Befreiungen ein besonderes Augenmerk legen müssen", so Sternberg. Denn: Die Fahrverbote dienten dem Schutz der menschlichen Gesundheit und damit dem Schutzgut, dem der Gesundheitssektor insgesamt verpflichtet sei.

Das BVerwG verwies im Urteil auch auf die Kontrolle von Fahrverboten ohne entsprechende Plaketten. Dass diese schwierig ist, führe nicht zur Rechtswidrigkeit solcher Verbote, betonten die Richter abschließend. (mwo/maw)

Bundesverwaltungsgericht

Az.: 7 C 26.16 (Düsseldorf) und 7 C 30.17 (Stuttgart)

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