Praxisberatung
Trotz Corona halten Ärzte an den Praxiszielen fest
Optimierung, Expansion, Kooperation, Praxisabgabe – der gesamte Lebenszyklus einer Praxis kommt bei Praxisberatungen aktuell auf die Tagesordnung. Corona spielt bei Überlegungen zur Praxisausrichtung gar keine so große Rolle (mehr).
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Was ist die Praxis wert? Wie könnte man die Abläufe noch optimieren? An Themen der Praxisführung mangelt es Ärzten nicht.
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Düsseldorf. Die existenziellen Sorgen um die Praxis im Frühjahr, als die Patienten ausblieben, währten nur kurz. Als der Gesetzgeber dann Anfang April den Schutzschirm für die Vertragsärzte aufspannte, seien Szenarien mit Simulationen, wie sich ein Patientenrückgang auf die Erträge der Praxen auswirken könnte, „gar nicht so sehr das Thema“ gewesen, berichtet Sebastian Stremming von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“.
Im Frühjahr hatte die Standesbank als Testballon für ihr neues Praxisberatungskonzept optiPrax Praxisinhabern kostenlose Corona-Exposés mit entsprechenden Szenarien angeboten. Doch außer bei den Zahnärzten, für die der Schutzschirm nur eine Zwischenfinanzierung bei Liquiditätsproblemen zu bieten hatte, hätten die angesprochenen Ärzte sich eher für klassische Fragestellungen interessiert wie: „Was ist meine Praxis in zehn Jahren wert?“, „Wie schaffe ich es, dass die Praxis in den kommenden fünf Jahren im Wert steigt?“ oder „Wie könnte ich einen weiteren Sitz für meine Praxis übernehmen?“
Belastbare Zahlengrundlage
Existenzgründung, Optimierung, Expansion sowie Praxisabgabe: Für alle vier Meilensteine im Lebenszyklus einer Praxis sei derzeit Informationsbedarf bei Ärzten vorhanden, berichtet Praxisberater Stremming. Die Optimierung sei in der Regel nach etwa fünf Jahren, wenn der Existenzgründungskredit abgezahlt ist, an der Reihe, Expansion und/oder Kooperation mit dem Erwerb zusätzlicher Praxissitze oder der Gründung eines MVZ kämen optional häufig nochmals einige Jahre später. Bei der Praxisabgabe wiederum komme es darauf an, den Wert der Praxis vorher zu optimieren und dann auch den richtigen Käufer zu finden, zu dem die Praxis passt.
Die apoBank wolle sich so aufstellen, dass sie bei Beratungsbedarf ein entsprechendes Angebot vorhalten könne – und nicht nur zum Thema Existenzgründung. Hier stecke jahrelange Erfahrung mit Praxisgründungen von Ärzten in den Datenbanken des Instituts, „ein wahrer Datenschatz“, so Stremming. Vor allem auf die Verfügbarkeit dieser Daten für die Online-Recherche komme es heute in der Praxisberatung an, betont er: „Wenn jemand Beratung braucht, dann geht er heute fast immer zuerst ins Internet, doch gerade eine komplexere Beratung findet am Ende immer noch persönlich statt.“ Das gelte ebenso für die anderen Phasen des Praxis-Lebenszyklus‘, bis hin zur Praxisabgabe. Der Vergleich der eigenen Praxis mit den Durchschnittswerten ähnlicher Praxen derselben Fachgruppe – und auch mit den besten der Fachgruppe – lasse sich durchaus digital abbilden, sagt Stremming.
„Top-20%-Praxen“ als Messlatte
Hier setzt das Konzept optiPrax im Internet an: Ärzte laden ihre Daten aus der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) oder der betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) hoch. Sie erhalten dann per Mail ein kostenloses Kurz-Exposé mit einem Benchmarking. Dazu gehört ein Vergleich der Ist-Zahlen der Praxis mit dem Durchschnitt und mit den „Top 20% Praxen“ – und daraus abgeleitet das Potenzial für die Praxis.
An diesem Punkt setze dann oft die persönliche Beratung an, beschreibt Stremming das weitere Prozedere. „Für rein digitale Produkte sind die Praxen zu unterschiedlich. Am Ende des Tages brauchen sie einen Menschen, der auf die individuellen Belange eingeht.“
Ist die Erhöhung des Privatanteils, etwa über Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) wirklich der Wunsch des Praxisinhabers, oder will er vielleicht lieber den Schwerpunkt auf die Optimierung der Abläufe legen? Ist eine Fortbildung für einen zusätzlichen Praxisschwerpunkt angezeigt, der Einstieg in die Hausarztzentrierte Versorgung oder die Weiterbildung der MFA zur NäPA oder VERAH, um zusätzliche Spielräume zu gewinnen?
Über die Standort- und Infrastrukturanalyse, die Konkurrenzsituation und den Kaufkraftindex gibt es Hinweise, in welche Richtung die Reise gehen könnte, doch „am Ende entscheiden die Menschen und nicht der Computer“, so Stremming.