Implant Files

„Wir müssen Wildwuchs vermeiden“

Die Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik warnt vor Panikmache. Zugleich spricht sie sich aber für Mindestmengen und ein verbindliches Endoprothesenregister aus – und bessere Kontrollen.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Eine Endoprothese: Seit den "Implant Files" stehen Metall-zu-Metall-Endoprothesen in der Kritik.

Eine Endoprothese: Seit den "Implant Files" stehen Metall-zu-Metall-Endoprothesen in der Kritik.

© prluka / Fotolia

BERLIN. Angesichts der Veröffentlichung der „Implant Files“ plädiert die Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik für eine Ausweitung der Register beim Gelenksersatz und für Mindestmengen pro Operateur.

Mit Innovationen im Bereich Gelenksersatz müsse streng wissenschaftlich umgegangen werden, betonte Professor Henning Windhagen von der Orthopädischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover. Windhagen ist Vorstandsmitglied in der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik (AE), die am 7./8. Dezember ihren Jahreskongress in Düsseldorf abhält.

„Produkte müssen sehr vorsichtig und kontrolliert eingeführt werden. Wildwuchs darf nicht sein“, so Windhagen. Klar sei aber auch, dass in vielen Bereichen der Endoprothetik noch Innovationsbedarf bestehe. Die Lösung könne deswegen auch nicht sein, nur Implantate zu nutzen, die schon zwanzig Jahre im Markt sind.

Metall-zu-Metall-Prothesen unter Verdacht

Was den Gelenkersatz angeht, haben die „Implant Files“ vor allem Metall-zu-Metall-Endoprothesen thematisiert, bei denen es durch Metallabrieb zu Komplikationen kommen kann. Dieses Problem ist seit Jahren bekannt. Die Systeme werden in Deutschland praktisch nicht mehr eingesetzt. Schon im Jahr 2012 hatte die AE konsentierte Empfehlungen für die Kontrollen dieser Patienten veröffentlicht.

Demnach sollten Metallionen-Messungen auch bei asymptomatischen Patienten erfolgen, um gegebenenfalls handeln zu können. „Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas passiert, ist verschwindend gering“, sagte Professor Karl-Dieter Heller von der Orthopädischen Klinik Braunschweig. „Achtundneunzig Prozent haben keine Probleme.“

Die Endoprothetik als Ganzes habe aus dieser Episode viel gelernt, betonte Heller. Zwar wurden die betreffenden Prothesen in Deutschland selten genutzt. Die Komplikationen seien damals aber „nicht sehr wissenschaftlich“ verfolgt worden. „Wir müssen mit Innovation streng wissenschaftlich umgehen“, betonte der AE-Generalsekretär.

Register muss reformiert werden

Verbesserungsbedarf sieht die AE unter anderem beim Endoprothesenregister, wo die Teilnahme für die implantierenden Kliniken nach wie vor freiwillig sei. „Auch privat versicherte Patienten kommen im Moment nicht ins Register, was zwingend zu ändern ist“, so Heller. Bei den Mindestmengen sähe die AE ebenfalls gerne Änderungen. Eine Mindestmenge von 50 Eingriffen pro Einrichtung und Jahr sei „nicht nachvollziehbar“. Die AE plädiert im Einklang mit den Zertifizierungsbedingungen für die über 500 EndoCert-Zentren für 50 Eingriffe pro Operateur und Jahr.

Was die Einführung innovativer Produktneuerungen angeht, wendet sich die AE nicht prinzipiell gegen die CE-Zertifizierung, betont aber, dass vor einem breiten Einsatz neuer Implantate oder Methoden langfristige, prospektive Studien nötig seien. Hier seien die implantierenden Einrichtungen in der Pflicht. „Es gibt immer noch Fälle, in denen das Management den Prothesentyp vorgibt. Das kann nicht sein. Der Chefarzt sollte in die Auswahl eingebunden sein“, so Heller.

Das sei nicht nur die Meinung der AE, sondern auch eine klare Empfehlung des Aktionsbündnisses Patientensicherheit.

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