Marburger-Bund-Umfrage

Zehn Prozent der Klinikärzte sind in Kurzarbeit

Die Bundesagentur für Arbeit setzt Grenzen für Kurzarbeit in Kliniken. Einer Umfrage des Marburger Bundes zufolge gibt es sie dennoch – und zwar nicht zu wenig.

Thomas HommelVon Thomas Hommel und Anno FrickeAnno Fricke Veröffentlicht:
Leere Betten: Angesichts SARS-CoV-2 wurden viele elektive stationäre Eingriffe verschoben – mit Folgen für Kliniken und Krankenhausärzte.

Leere Betten: Angesichts SARS-CoV-2 wurden viele elektive stationäre Eingriffe verschoben – mit Folgen für Kliniken und Krankenhausärzte.

© Fabian Sommer/dpa

Berlin. Abgesagte Operationen und Behandlungen in Krankenhäusern und Rehakliniken, den Praxen aus Angst vor Ansteckung fernbleibende Patienten: Die Corona-Pandemie zwingt auch viele angestellte Ärzte in Kurzarbeit.

Das geht aus einer Ad-hoc-Umfrage unter Mitgliedern des Marburger Bundes (MB) hervor, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt worden ist. Teilgenommen haben daran rund 8700 Ärzte aus Krankenhäusern, Reha-Kliniken und dem ambulanten Sektor. Die Befragung fand zwischen dem 29. April und dem 10. Mai statt.

Immerhin knapp zehn Prozent der befragten Ärzte geben an, dass sie sich derzeit in Kurzarbeit befinden. Betrachtet man die einzelnen Bereiche genauer, zeigt sich: Vor allem in Reha-Kliniken und im ambulanten Sektor wurde im Verlauf der Pandemie Kurzarbeit eingeführt, aber auch bei den Privatkliniken.

Kurzarbeitergeld nur für Privatkliniken

Seit Montag 11. Mai gilt eine Weisung der Bundesagentur für Arbeit, laut der lediglich reine Privatkliniken noch den Anspruch hätten, unter bestimmten Voraussetzungen Kurzarbeitergeld für ihre Mitarbeiter zu beantragen.

Unter den Ärzten, die derzeit auf Kurzarbeit sind, haben die meisten ihre Arbeitszeit um bis zu 50 Prozent reduziert. 150 Befragte geben sogar an, ihre Arbeitszeit auf null heruntergefahren zu haben.

Der MB spricht von einem „bemerkenswerten Befund“. Beim Gros der Kollegen in Kurzarbeit handele sich ja um Ärzte, die in der Corona-Krise auch „anderweitig“ eingesetzt werden könnten. Zudem sei der Abbau von Überstunden der Kurzarbeit vorzuziehen.

70% der OP-Kapazitäten sollen laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn schrittweise wieder für elektive Eingriffe geöffnet werden.

In Einzelfällen (vier Prozent) sei auch Druck auf Ärzte ausgeübt worden, eine Vereinbarung zur Kurzarbeit zu unterzeichnen. Da man davon ausgehe, dass die Umfrage einen „repräsentativen Querschnitt der Mitgliedschaft“ abbilde, handele es sich um eine zahlenmäßig durchaus „relevante Größe“, heißt es.

Für die meisten nicht nachvollziehbar

Das deckt sich mit den Angaben der befragten Ärzte: Drei Viertel von ihnen sehen keinen nachvollziehbaren Grund, Kurzarbeit einzuführen. Lediglich knapp 16 Prozent bringen für diesen Schritt Verständnis auf. Diese Gruppe der Befragten nennt häufig die deutliche Abnahme des Arbeitsaufkommens, die geringere Anzahl an Patienten sowie die Absage von Operationen und „wenig Patienten“ als nachvollziehbare Gründe.

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Kurzarbeit in und Schließungen von Reha-Kliniken können sich nach Ansicht des MB auf die Öffnung des Krankenhaussektors auch für elektive Operationen auswirken. Gesundheitsminister Jens Spahn hat bereits Ende April empfohlen, nach und nach bis zu 70 Prozent der OP-Kapazitäten wieder für elektive Eingriffe zu öffnen.

Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat die Rückkehr der Rehakliniken zum regulären Betrieb gefordert, um Anschlussheilbehandlungen nicht zu gefährden.

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