Hypothermie

Kühlung ohne Ende - oder ein Ende für die Kühlung?

Nützt die therapeutische Hypothermie nach einem Herzstillstand nichts? Eine Studie legt zumindest den Verdacht nahe. Experten sehen allerdings keinen Grund für einen Stopp des Verfahrens.

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WIESBADEN. Kühlen oder nicht kühlen? - Das ist spätestens seit einer Studie aus dem vergangenen Herbst wieder eine Frage, die Intensivmediziner bei Patienten nach einer Kardioplegie umtreibt.

Zur Erinnerung: Im November hatten schwedische Forscher Daten publiziert, wonach die therapeutische Hypothermie mit 33 Grad Celsius keinen signifikanten Benefit auf das Überleben nach einem Herzstillstand hat (N Engl J Med 2013; 369(23): 2197).

In der randomisierten, multizentrischen Studie mit 939 Probanden schnitten die "gekühlten" Patienten sowohl beim Überleben als auch bei dem neurologischen Outcome und dem Behinderungsgrad nicht signifikant besser ab. Die Ergebnisse waren damals auf dem AHA-Kongress in Dallas vorgestellt worden.

Unter Intensivmedizinern und Anästhesisten machte sich daraufhin einige Aufregung breit. Denn seit einigen Jahren wird die Hypothermie bei komatösen Überlebenden eines Herzkreislaufstillstandes empfohlen, sogar unabhängig des Herzrhythmus (Notfall Rettungsmed 2010; 13(7): 559).

Doch nach Expertenmeinung ist die schwedische Studie noch längst kein Abgesang auf die Hypothermie - erst recht nicht für die Situation in Deutschland. Professor Bernd Böttiger aus Köln und Vorsitzender des Deutschen Rats für Wiederbelebung(GRC) verwies beim DINK 2014 in Wiesbaden auf Einschränkungen der Studie.

Patienten später aggressiv normotherm halten

Denn dort war der Anteil der Laienreanimation mit 73 Prozent fast vier Mal so hoch wie hierzulande. Und die Ischämiezeit bis zur Reanimation lag im Median bei nur einer Minute.

Außerdem wurden Patienten mit nicht schockbaren Rhythmen, also Asystolen, ausgeschlossen. Diese Faktoren könnten den Outcome von vornherein verbessert und somit den Nutzen der Hypothermie nivelliert haben.

Ähnliche Kritik hatten zuvor bereits die internistischen Intensivmediziner geäußert. Ihre Fachgesellschaft DGIIN hatte sich in einer Stellungnahme deutlich dafür ausgesprochen, bewusstlose Patienten mit wiederhergestellter spontaner Zirkulation (ROSC) nach einem präklinischen Kammerflimmern auch weiterhin für zwölf bis 24 Stunden auf 32 bis 34 Grad Celsius zu kühlen. Ähnliche Voten waren auf dem DINK zu hören.

Anästhesist Böttiger erinnerte auf dem Kongress allerdings auch daran, genau auf die Körpertemperatur nach der Hypothermie zu achten.

Auch wenn man "keine Angst vor Fieber" haben müsse, sollten die Patienten jedoch "aggressiv normotherm" gehalten werden. Eine Prognose sei frühestens 72 Stunden nach der Wiedererwärmung möglich.

Forscher hatten im Dezember gezeigt, dass post-hypothermisches Fieber (ab 38,5 Grad Celsius) die 30-Tages-Mortalität deutlich in die Höhe treibt (Resuscitation 2013; 84(12): 1734). Der Risikofaktor für die Gruppe fiebriger Patienten betrug 1,8 verglichen mit den normothermen Patienten. (nös)

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