Transplantationsskandal

Weiterer Verstoß an Uniklinik Göttingen

Ein Oberarzt soll eigenmächtig - ohne Absprache mit dem Leiter der Transplantationschirurgie oder dem Klinikdirektor - eine Leber verpflanzt haben.

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GÖTTINGEN. Im Prozess um den Transplantationsskandal am Göttinger Universitätsklinikum (UMG) ist am Mittwoch ein weiterer Vorfall zur Sprache gekommen, in den der damalige Stellvertreter des angeklagten Chirurgen verwickelt war.

Der Oberarzt soll im Mai 2012 eigenmächtig veranlasst haben, dass eine leberkranke Patientin auf die Warteliste der Organisation Eurotransplant für ein Spenderorgan gesetzt wurde.

Zwei Tage später soll er der Patientin wiederum ohne Rücksprache mit seinen Vorgesetzten eine neue Leber transplantiert haben. Bei dieser Operation starb die 63-Jährige.

Der Angeklagte selbst hat mit dem Fall nichts zu tun. Die Universitätsmedizin hatte sich bereits Ende Dezember 2011 von dem Chirurgen getrennt.

Seit August 2013 muss sich der frühere Leiter der Transplantationschirurgie wegen versuchten Totschlages in elf Fällen und vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge in drei Fällen vor dem Landgericht Göttingen verantworten.

Das Gericht thematisierte den Vorfall bei einer erneuten Zeugenbefragung seines Nachfolgers. Professor Otto Kollmar hatte im April 2012 die Leitung der Transplantationschirurgie übernommen.

Damals wurde als Reaktion auf die aufgedeckten Unregelmäßigkeiten im Zuge der Neuorganisation auch geregelt, welche Abläufe und Verfahrenswege für die Aufnahme von Patienten in die Warteliste, die Dokumentation und die Meldung an Eurotransplant einzuhalten sind.

Im Oktober 2014 hat das UMG erklärt, künftig keine Lebertransplantationen mehr vornehmen zu wollen.

Der Vorfall ereignete sich knapp sechs Wochen nach Kollmars Amtsantritt. Die Meldung der Patientin als "High Urgency"-Fall sei weder mit ihm noch mit dem Klinikdirektor abgesprochen gewesen, sagte Kollmar. Dies sei ein Regelverstoß gewesen.

Die Begründung für die Listung hätte entweder von ihm oder dem Direktor der Chirurgie unterschrieben sein müssen. Er habe jedoch erst einen Tag nach dem Tod der Patientin von dem Fall erfahren.

Der Oberarzt sei "schwerst getroffen" gewesen. Wenn ein Patient auf dem OP-Tisch sterbe, sei dies das Schlimmste, was einem Chirurgen passieren könne.

Nach einer vom Vorstand einberufenen Krisensitzung habe der Oberarzt, der stellvertretender Leiter des Lebertransplantationsprogramms gewesen war, keine Transplantationen mehr vornehmen dürfen.

Zwei Monate später setzte die Universitätsmedizin Göttingen ihn in die Allgemeinchirurgie um. Der Oberarzt wollte die Versetzung nicht hinnehmen. Seine Klage vor dem Arbeitsgericht Göttingen hatte allerdings keinen Erfolg. (pid)

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