Gesundheitskongress des Westens

NRW-Gesundheitsminister: Gesundheitswesen braucht „bestimmte Spielregeln“

Die alleinige Ausrichtung an Marktkriterien klappt im Gesundheitswesen nicht: NRW-Gesundheitsminister Laumann drängt darauf, die Lehren aus der Pandemie zu beherzigen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann bei der Eröffnung des Gesundheitskongresses des Westens

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann bei der Eröffnung des Gesundheitskongresses des Westens.

© WISO / Schmidt-Dominé

Köln. Die Corona-Pandemie hat nach Einschätzung des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann (CDU) eindringlich vor Augen geführt, dass die ausschließliche Ausrichtung des Gesundheitswesens an Marktkriterien nicht funktioniert. „Meine Sorge ist: Wenn die Pandemie vergessen ist, spielt der Markt wieder allein eine Rolle“, warnte Laumann bei der Eröffnung des „Gesundheitskongresses des Westens 2021“ in Köln.

Deutsche Unternehmen, die sich in der Pandemie auf den Weg gemacht haben, die dringend benötigten Schutzmaterialien herzustellen, müssten auch danach in der Lage sein, in diesem Bereich aktiv zu bleiben, sagte Laumann bei der hybriden Veranstaltung. Das gehe aber nicht auf einem Markt, in dem allein der niedrigste Herstellungspreis zählt.

Arzneien in Europa produzieren

Handlungsbedarf sieht er auch bei der Arzneimittel-Produktion. „Es muss sichergestellt sein, dass die Pharmaindustrie wieder stärker in den demokratischen Staaten in Europa produziert.“ Das werde aber von der Art und Weise abhängen, wie man nicht zuletzt bei der Preisgestaltung mit den Herstellern umgeht.

Das Gesundheitswesen dürfe durchaus wie ein Markt betrachtet werden, sagte Laumann. „Er muss aber bestimmte Spielregeln und Regulierungen haben, wenn wir auf der anderen Seite die Sicherheit haben wollen“, findet er. „Das sollte eine Lehre aus der Pandemie sein.“

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Die Corona-Pandemie hat nach Meinung des Ministers diesen und andere Schwachpunkte in den Fokus gerückt, die eigentlich auch vorher schon bekannt waren, bei denen aber der Handlungsdruck fehlte. Dazu zählt er auch die Schwächung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und den Fachkräftemangel – sowohl im ärztlichen Bereich als auch bei den nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen.

Trotz aller Probleme sei das Gesundheitswesen auch in den Hochzeiten der Krise von einer Überforderung weit entfernt gewesen, betonte Laumann. So habe es in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen 17 Monaten zu keinem Zeitpunkt die Situation gegeben, dass ein Patient, der eine Intensivbehandlung benötigte, sie nicht erhalten hätte. Die Versorgung habe nicht immer ortsnah erfolgen können, aber das Verteilsystem im Bundesland habe funktioniert.

„Pandemie der Ungeimpften“

Die Intensivstationen zeigen für ihn, wo zurzeit eine der größten Herausforderungen liegt: Bei der Motivation der noch nicht Geimpften, sich impfen zu lassen. 86 Prozent der Patienten auf den Intensivstationen in NRW sind nicht geimpft. Corona sei inzwischen „eine Pandemie der Ungeimpften“. Auf Dauer sei es schwer darzustellen, dass bei Geimpften medizinische Eingriffe verschoben werden, weil die Kapazitäten für nicht Geimpfte benötigt werden, so Laumann. „Wir werden die entsprechenden Maßnahmen möglich machen“, kündigte er an, ohne spezifischer zu werden.

Viele Leute im Gesundheitswesen haben die Transparenz, die durch die Digitalisierung entsteht, gescheut wie der Teufel das Weihwasser. Das geht jetzt nicht mehr.

Karl-Josef Laumann (CDU), Gesundheitsminister Nordrhein-Westfalen

Der Minister begrüßte, dass die Pandemie der Digitalisierung im Gesundheitswesen einen großen Schub gegeben hat. „Viele Leute im Gesundheitswesen haben die Transparenz, die durch die Digitalisierung entsteht, gescheut wie der Teufel das Weihwasser. Das geht jetzt nicht mehr“, sagte er. Das virtuelle Krankenhaus in NRW habe gezeigt, dass Digitalisierung eine Möglichkeit ist, Kooperationen auch über weite Entfernungen hinweg zu fördern.

Das müsse sich aber in der Honorierung niederschlagen. „Es muss klar sein, dass die Beratung im digitalen Bereich in das Entgeltsystem aufgenommen werden muss.“ Angebote wie telemedizinische Konsile dürften nicht auf einzelne Projekte beschränkt bleiben, forderte er. Wenn Universitätskliniken Mediziner für Konsile bereitstellen, müsse das ähnlich vergütet werden wie die Versorgung von Patienten, die in die Klinikambulanzen kommen. „In Nordrhein-Westfalen finanzieren wir es stark über Landesmittel, das ist auf Dauer nicht möglich.“

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