57. DEGAM-Kongress

Primärversorgung: „Die Zeit der Ein-Doktor-Show ist vorbei, wir brauchen Teams!“

Multidisziplinären Teams gehört die Zukunft. Das war ein Tenor beim 57. DEGAM-Kongress. Und noch einer: Was früher gut war, ist heute nicht schlecht.

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„Wir schaffen das, auch wenn es nicht einfach wird.“ Maria van den Muijsenbergh am 29. September 2023 bei der 57. DEGAM-Jahrestagung in Berlin.

„Wir schaffen das, auch wenn es nicht einfach wird.“ Maria van den Muijsenbergh am 29. September 2023 bei der 57. DEGAM-Jahrestagung in Berlin.

© Daniel Reinhardt / Ärzte Zeitung

Berlin. Dass es eine starke Primärversorgung braucht, gerade für die Herausforderungen der Zukunft, darin sind sich nicht nur Primärversorgende einig. Nur wie?

Maria van den Muijsenbergh, Hausärztin, Professorin emeritus für „Health disparities“ an der Radboud-Universität im niederländischen Nijmegen und Präsidentin des European Forum for Primary Care (EFPC), lieferte bei ihrer Keynote Lecture am Freitagmorgen anlässlich der 57. DEGAM-Jahrestagung eine Antwort: „Die Zeit der Ein-Doktor-Show ist vorbei, wir brauchen Teams!“

Warum? „Wir sind keine Supermenschen!“ Während die Morbidität in einer alternden (europäischen) Bevölkerung zunimmt (62 Prozent der Personen über 65 Jahre hierzulande gelten als multimorbid), nimmt die ärztliche Arbeitskraft ab. Auch steige die Diversität bei den Anforderungen in der Versorgung.

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Eine starke Primärversorgung müsse keine Vision bleiben: „Wir schaffen das, auch wenn es nicht einfach wird. Aber wir schaffen es nur, wenn wir es zusammentun.“ Sie rief den Anwesenden zu, die „Werte aus der guten Dorfdoktor-Zeit zu bewahren“, auch wenn die Rezepte von damals nicht die für heute seien.

„Anerkennen sie deren Fähigkeiten und Wissen!“

Und Ärztinnen und Ärzte müssten sich von dem Gedanken und Leitmotiv verschieden, die „Leader“ zu sein. Künftig müssten multidisziplinäre Teams auf Augenhöhe arbeiten – ein eindeutiges Plädoyer für Substitution einst ärztlicher Aufgaben durch hoch qualifizierte andere Gesundheitsprofessionen.

In ihrer Praxis etwa würden Patientenfälle im Team (darunter Pflegekräfte, Sozialarbeiter, Physiotherapeuten) gemeinsam besprochen und gemeinsam entschieden, was zu tun ist. „Anerkennen sie deren Fähigkeiten und deren Wissen!“, rief sie den Kongressteilnehmern ins Gewissen.

Daraus entstehe auch eine Community-Medizin. Die Versorgenden in ihrer Region würden etwa regelmäßig bei Markttagen auf den Marktplätzen sein – nicht nur zum Blutdruckmessen, sondern auch zum Gespräch und zur Früherkennung, wie sich Bedarfe in der Community und bei Einzelnen entwickeln. Sie zitierte für diese ärztliche Arbeit Rudolf Virchow: „Die Ärzte sind die natürlichen Anwälte der Armen, und die soziale Frage fällt zu einem erheblichen Teil in ihre Jurisdiktion.“

Auf die nicht ganz unberechtigte Frage eines Zuhörers, wie er so eine Personen-zentrierte Versorgung trotz der Bürokratie hinbekäme, sagte van den Muijsenbergh: „Das sind doch nur Regeln.“ (nös)

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