Leitlinie

15 Tipps zum Procedere bei Gynäkomastie

Die Europäische Akademie für Andrologie hat eine Leitlinie für das klinisch-praktische Procedere bei Männern mit Gynäkomastie herausgegeben. Sie umfasst fünf Leitsätze und 15 Ratschläge.

Von Robert Bublak Veröffentlicht:

Thessaloniki. Unter einer Gynäkomastie ist eine gutartige Proliferation des Drüsengewebes der männlichen Brust zu verstehen. Davon zu unterscheiden ist die Pseudogynäkomastie oder Lipomastie, bei der sich das Fettgewebe, aber nicht das Drüsengewebe vermehrt.

Abhängig vom Alter haben bis zu 65 Prozent der Männer eine Gynäkomastie. Nach den Peaks in Kindheit und Pubertät sind vor allem Männer in den mittleren und späteren Lebensjahren betroffen. Ein Team um George Kanakis, Endokrinologe an der Aristoteles-Universität in Thessaloniki, hat in einer Leitlinie für die Europäische Akademie für Andrologie (EAA) herausgearbeitet, wie Betroffene behandelt werden sollten.

Den Beginn der Leitlinie bilden fünf Leitsätze:

  • S1. Die Gynäkomastie ist eine benigne Proliferation des Brustdrüsengewebes von Männern.
  • S2. Die Gynäkomastie der Kindheit ist verbreitet und verschwindet üblicherweise spontan, in der Regel während des ersten Lebensjahres.
  • S3. Auch in der Pubertät tritt die Gynäkomastie verbreitet auf, etwa die Hälfte der Jungen in der Mitte der Pubertät sind betroffen. In mehr als 90 Prozent der Fälle verschwindet die Gynäkomastie innerhalb von zwei Jahren.
  • S4. Die Gynäkomastieprävalenz nimmt im Erwachsenenalter mit den Jahren zu. Eingehende Untersuchungen fördern in etwa 45–50 Prozent der Fälle einen zugrunde liegenden pathologischen Prozess zutage.
  • S5. Brustkrebs tritt bei Männern selten auf. Eine Gynäkomastie sollte nicht als prämaligner Zustand angesehen werden.

Die andrologischen Experten geben 15 mehr oder weniger starke Empfehlungen (Andrology 2019; online 16. Mai):

  • E1. Eine der Gynäkomastie zugrunde liegende Pathologie soll erwogen werden. Auch wenn es vermeintlich einen offensichtlichen Grund dafür gibt – einschließlich einer mit Gynäkomastie assoziierten Medikation –, ist eine detaillierte Untersuchung zu empfehlen. (Empfehlungsgrad: stark)
  • E2. Das anfängliche Screening zum Ausschluss von Lipomastie, Brust- oder Hodenkrebs kann von Nichtspezialisten vorgenommen werden. (Empfehlungsgrad: schwach)
  • E3. Fälle, die einer sorgfältigen Aufarbeitung bedürfen, gehören in die Hände von Spezialisten. (Empfehlungsgrad: stark)
  • E4. Zur Anamnese gehören Infos über Beginn und Dauer der Gynäkomastie, die sexuelle Entwicklung und Funktion sowie Gebrauch bzw. Missbrauch von Substanzen, deren Einnahme mit einer Gynäkomastie assoziiert ist. (Empfehlungsgrad: stark)
  • E5. Die körperliche Untersuchung soll Zeichen der Mindervirilisierung oder systemischer Krankheiten aufdecken. (Empfehlungsgrad: stark)
  • E6. Die Brustuntersuchung soll palpables Drüsengewebe bestätigen, um eine Gynäkomastie gegen Lipomastie abzugrenzen und einen malignen Tumor auszuschließen. (Empfehlungsgrad: stark)
  • E7. Die körperliche Untersuchung soll die Genitalien einschließen, um einen palpablen Hodentumor auszuschließen bzw. eine testikuläre Atrophie nachzuweisen. (Empfehlungsgrad: stark)
  • E8. Eine Ultraschalluntersuchung der Hoden ist empfehlenswert. (Empfehlungsgrad: stark)
  • E9. Zu den Labortests sollten die Bestimmung von Testosteron, Estradiol, SHBG, LH, FSH, TSH, Prolaktin, hCG, AFP sowie Tests der Leber- und Nierenfunktion gehören. (Empfehlungsgrad: schwach)
  • E10. Bildgebende Verfahren können weiterhelfen, wenn die klinische Untersuchung der Brust mehrdeutig ausfällt. (Empfehlungsgrad: schwach)
  • E11. Bei klinischem Verdacht auf eine maligne Läsion sollte ein Stanzbioptat entnommen werden. (Empfehlungsgrad: schwach)
  • E12. Nach der Therapie der zugrunde liegenden Störung oder dem Absetzen mit Gynäkomastie assoziierter Substanzen ist beobachtendes Abwarten zu empfehlen. (Empfehlungsgrad: stark)
  • E13. Mit Testosteron sollen nur Männer mit nachweislichem Defizit behandelt werden. (Empfehlungsgrad: stark)
  • E14. Selektive Östrogenrezeptor-Modulatoren (SERM), Aromatasehemmer oder nicht aromatisierbare Androgene sind für die Therapie der Gynäkomastie im Allgemeinen nicht zu empfehlen. (Empfehlungsgrad: stark)
  • E15. Chirurgische Verfahren sollten nur bei Patienten mit langdauernder, nicht spontan oder unter Medikation regressiver Gynäkomastie eingesetzt werden. Ausmaß und Art des Eingriffs hängen von der Brustgröße und der Menge an Fettgewebe ab. (Empfehlungsgrad: schwach).
Jetzt abonnieren
Mehr zum Thema

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Kommen die Kröpfe zurück nach Deutschland?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main

Europäische Gesellschaft für Endokrinologie

Erster Welthormontag im April 2025

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Kommen die Kröpfe zurück nach Deutschland?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Verlauf der eGFR in der placebokontrollierten Phase bis Woche 26 und der anschließenden offenen Verlängerungsphase mit Palopegteriparatid

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [8]

Chronischer Hypoparathyreoidismus

Wiederherstellung der PTH-Spiegel über den ganzen Tag kann Nierenfunktion verbessern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Ascendis Pharma GmbH, Heidelberg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umgang mit der elektronischen Patientenakte

Jurist zur ePA: Es drohen keine grundsätzlich neuen Pflichten und Risiken

Unsere Umfrage zur Bundestagswahl

Das fordern Kolleginnen und Kollegen von der nächsten Bundesregierung

Lesetipps
Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung

Ein Malkasten mit unterschiedlichen Farben

© Günter Albers / stock.adobe.com

Ergebnisse unserer Sonntagsfrage

Bundestagswahl: So wählen Leserinnen und Leser der Ärzte Zeitung