Reanimation

Adrenalin verbessert Prognose bei Herzstillstand

Die Gabe von Adrenalin bei der Reanimation von ambulanten Patienten mit Herzstillstand ist zwar Routine, aber nicht unumstritten. Neuen Daten zufolge ist kein langzeitiger Nachteil zu befürchten - im Gegenteil: Die Patienten haben größere Chancen, das Krankenhaus lebend zu verlassen.

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KAWASAKI. Am kurzfristigen Nutzen von Adrenalin gibt es keinen Zweifel: Das Sympathomimetikum fördert bei Herzstillstand die Rückkehr der Spontanzirkulation. Doch ob die Patienten auch längerfristig profitieren, ist bislang nicht so klar.

In randomisierten kontrollierten Studien war das Langzeitüberleben nicht signifikant verlängert. Beobachtungsstudien zufolge könnte die Adrenalingabe sogar negative Auswirkungen auf die Prognose haben.

Beide Untersuchungstypen weisen jedoch erhebliche Mängel auf, wie japanische Ärzte im "British Medical Journal" darlegen (BMJ 2013; 347: f6829).

Die randomisierten Studien sind laut Professor Shinji Nakahara (Universität Kawasaki) und Kollegen aufgrund der Teilnehmerzahlen statistisch nicht aussagekräftig. In den größeren Beobachtungsstudien seien dagegen häufig Patientengruppen mit unterschiedlichen Voraussetzungen verglichen worden.

Weil Adrenalin bevorzugt jenen Patienten verabreicht wird, deren Reanimation sich schwieriger gestaltet und daher länger dauert, ist die Adrenalingabe per se mit einer schlechteren Prognose assoziiert.

Um diesen Fehlern zu entgehen, haben Nakahara et al. erneut Daten eines landesweiten Registers ausgewertet, diesmal aber versucht, Patientenpaare mit ähnlichen Ausgangschancen zu bilden.

Wenn ein Patient zu einem bestimmten Zeitpunkt nach Herzstillstand außerhalb eines Krankenhauses Adrenalin erhalten hatte, dann musste der zugehörige Kontrollpatient zum selben Zeitpunkt zumindest theoretisch noch für eine ambulante Adrenalingabe infrage gekommen sein, das heißt, er durfte noch keinen Spontankreislauf erreicht haben und auch noch nicht im Krankenhaus eingetroffen sein.

Auf diese Weise stellten die Ärzte 1990 Paare mit und ohne Adrenalin zusammen, die anfänglich Kammerflimmern (VF) oder eine pulslose Kammertachykardie (VT) aufgewiesen hatten, und 9058 Paare mit anderer Ursache des Herzstillstandes.

Unabhängig von der Ursache gab es in den Adrenalingruppen mehr Patienten, die das Krankenhaus lebend verließen bzw. nach einem Monat zwar noch im Krankenhaus, aber am Leben waren.

Bei den VF-/VT-Patienten waren es 17,0 gegenüber 13,4 Prozent ohne Adrenalin; bei den anderen Patienten 4,0 vs. 2,4 Prozent. Nur bei Letzteren verbesserte Adrenalin auch die Aussicht auf ein Überleben ohne neurologische Schäden: Die Quote erreichte allerdings nur 0,7 Prozent, im Vergleich zu 0,4 Prozent bei den unbehandelten Patienten.

Bei einem Herzstillstand infolge von VF/VT hatte Adrenalin keinen Einfluss auf die neurologische Prognose. Die Rate der Überlebenden ohne entsprechende Schäden lag so oder so bei 6,6 Prozent.

Damit erweist sich Adrenalin bei ambulanten Patienten mit Herzstillstand in dieser Beobachtungsstudie, im Gegensatz zu einigen älteren Registerstudien, als prognostisch günstig, wenn auch das neurologisch intakte Überleben kaum verbessert wurde.

Die Steigerung der Überlebensquote, darauf weisen die Studienautoren lakonisch hin, ist allerdings die Voraussetzung, um die Überlebensrate ohne neurologische Schäden zu erhöhen. Außerdem müsse man nun nicht mehr die Befürchtung haben, den Patienten durch die frühe Adrenalingabe langfristig zu schaden.

Nakahara et al. räumen jedoch ein, dass große randomisierte Studien notwendig sein könnten, um die Effekte der Adrenalinbehandlung exakter zu beurteilen. (BS)

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