ST-Hebungsinfarkt

Bessere Prognose bei Soforttherapie aller Stenosen

Aufgrund neuer Studienergebnisse, die jetzt beim Europäischen Kardiologenkongress in Barcelona vorgestellt worden sind, drängt sich die Frage auf: Sollte die Akut-PCI bei ST-Hebungsinfarkt nicht gleich als Mehrgefäßeingriff geplant werden?

Von Dirk Einecke Veröffentlicht:
Im Herzkatheterlabor: Was ist das optimale Procedere bei STEMI und Mehrgefäßerkrankung?

Im Herzkatheterlabor: Was ist das optimale Procedere bei STEMI und Mehrgefäßerkrankung?

© M. Ernert, Klinikum Ludwigshafen

BARCELONA. In der Akutbehandlung bei ST-Hebungsinfarkt ist ein Umdenken erforderlich. Schon die zweite Studie, die dazu jetzt bei der Jahrestagung der European Society of Cardiology (ESC) in Barcelona vorgestellt wurde, hat einen massiven Prognosevorteil bei Herzinfarktpatienten mit koronarer Mehrgefäßerkrankung ergeben, wenn sofort alle relevanten Koronarstenosen statt nur die Infarktarterie behandelt werden.

Die aktuellen Leitlinien der international maßgeblichen kardiologischen Fachgesellschaften ESC, ACC und AHA empfehlen, im Rahmen einer Akut-PCI bei Patienten mit ST-Hebungsinfarkt nur die Infarktarterie zu behandeln.

Der Vorteil dieses Vorgehens liegt in der kurzen Eingriffszeit und dem klaren Fokus auf die Infarktursache. Weitere relevante Gefäßverengungen, die bei 30-40 Prozent aller Infarkt-Patienten vorliegen, können in einem späteren Eingriff behandelt werden.

Dieses Vorgehen wurde erstmals von den Ergebnissen der im letzten Jahr beim Europäischen Herzkongress in Amsterdam publizierten PRAMIStudie in Frage gestellt (N Engl J Med 2013; 369: 1115-23).

Durch sofortige Mitbehandlung anderer Stenosen konnte in dieser Untersuchung das Risiko für weitere klinische Komplikationen, darunter harte Endpunkte wie nicht-tödliche und tödliche Infarkte, um etwa zwei Drittel reduziert werden.

In die gleiche Richtung weisen die Ergebnisse einer kürzlich publizierten Meta-Analyse (Am Heart J 2014; 167: 1-14e2): Sie beschreibt ebenfalls einen Überlebensvorteil, wenn bei Infarkt-Patienten mit Mehrgefäßerkrankung gleich umfassende Koronarreparaturen vorgenommen werden.

Nun wird mit der offenen, aber randomisierten britischen Studie CvLPRIT* eine weitere Untersuchung vorgelegt, welche bei 296 STEMIPatienten die selektive Behandlung des Infarktgefäßes mit der kompletten Behandlung aller relevanten Stenosen vergleicht, vorzugsweise in der gleichen Sitzung, auf jeden Fall noch während der initialen Krankenhausbehandlung.

Komplikationen 55 Prozent seltener

Die umfassendere Behandlung ging mit einer längeren Behandlungszeit (im Schnitt 55 versus 41 Minuten) und mehr Kontrastmittelgabe (250 versus 190 ml) einher.

Dies hatte aber keinen Exzess von Schlaganfällen, Blutungskomplikationen oder kontrastmittelbedingten Nierenschäden zur Folge, berichtete Studienautor Professor Anthony Gershlick, Glenfield Universitätskrankenhaus in Leicester.

Nach einem Jahr hatten die Patienten, bei denen eine komplette Revaskularisierung vorgenommen worden war, signifikant weniger klinische Komplikationen erlitten. Das Risiko für schwere kardiovaskuläre Komplikationen (MACE) sank von 21,2 auf 10 Prozent (HR 0,45), wobei die Differenz bereits in den ersten 30 Tagen deutlich zu Tage trat.

2 versus 6 Patienten starben, ein numerischer Vorteil für den umfassenden Eingriff. Das 1-Jahres-Risiko für Tod, Infarkt oder Herzinsuffizienz lag bei 5 versus 13 Prozent.

Angesichts der sich mehrenden Belege für den Mehrgefäßeingriff beim akuten ST-Hebungsinfarkt sieht Studienleiter Gershlick die Zeit für gekommen, darüber nachzudenken, ob die Leitlinien entsprechend geändert werden sollten.

* CvLPRIT: Complete versus Lesion only PRimary-PCI Trial

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