Bürger von Rügen fühlen sich bei ihren Hausärzten gut aufgehoben

BERGEN. Die Bürger von Rügen sind trotz Vogelgrippe bislang nicht um ihre Gesundheit besorgt. Auch viele Grippekranke, die derzeit von Ärzten behandelt werden, glauben nicht, daß sie sich mit dem H5N1-Virus angesteckt haben könnten.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:

"Die Rüganer sind ganz cool, hier hat niemand Panik", sagte der hausärztliche Internist Matthias Coordt der "Ärzte Zeitung". Er hat in seiner Praxis in Bergen bislang noch keinen Patienten erlebt, der sich Sorgen um das Virus macht. Auch aus anderen Praxen sind ihm solche Befürchtungen nicht bekannt.

"Ich glaube auch nicht, daß ich einen an Vogelgrippe erkrankten Patienten in meiner Praxis sehen werde", so Coordt auf einer Veranstaltung des Vereins Gesundheitsinsel Rügen im Sana-Krankenhaus. Auch die Besucher der Veranstaltung schienen nicht übermäßig besorgt: Keine ihrer Fragen drehte sich um die eigene Gesundheit.

Sollten sich Menschen anstecken, halten sich die Verantwortlichen für gut vorbereitet. Coordt versicherte den Bürgern: "Sie sind bei Ihren Hausärzten vor Ort gut aufgehoben." Die niedergelassenen Kollegen seien über KV, Ärztekammer und Gesundheitsministerium hervorragend informiert und würden sofort reagieren können.

Bergens Klinik-Chefarzt Dr. Knut Müller berichtete von Ablaufplänen für das Krankenhaus, sollten wider Erwarten Patienten eingeliefert werden, die sich mit dem Virus infiziert haben.

In diesen Abläufen sind unter anderen die Ausgabe von Schutzkleidung, die Verabreichung von Medikamenten für Patienten sowie prophylaktische Maßnahmen für das medizinische Personal und Isolation der Infizierten geregelt. Auch die Einrichtung eines Krisenstabs und der enge Austausch mit Behördenmitarbeitern sind eingeplant.

Experte aus Rostock sieht keine Probleme bei der Versorgung

Professor Emil Reisinger, Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten am Uniklinikum Rostock, rechnet mit einer guten medizinischen Versorgung, sollten sich Menschen anstecken. Reisinger gab zu bedenken: "Der medizinische Standard in Deutschland ist deutlich höher als in den Ländern, in denen bislang Menschen an der Vogelgrippe erkrankt sind."

Nach Reisinger ist H5N1 bereits seit 1961 in der Fachwelt bekannt und bis 1997 ausschließlich bei Geflügel beobachtet worden. Eine Situation wie bei der Geflügelpest 2003 in den Niederlanden kann sich nach seiner Einschätzung jederzeit wiederholen. Damals hatten sich insgesamt 89 Menschen infiziert. 78 waren erkrankt, ein Mensch war an den Folgen gestorben.

Nach Meinung der Experten auf Rügen war nicht damit zu rechnen, daß die Ostseeinsel so früh von infizierten Vögeln erreicht wurde - der Vogelzug beginne erst jetzt. Die Fachleute vermuten, daß ein Singschwan, der im Winter wegen der Kälte von Lettland nach Rügen gekommen war, den Virus eingeschleppt hat.

Landrätin Kerstin Kassner von der Linkspartei berichtete, daß in den ersten fünf Tagen seit Bekanntwerden der Vogelgrippe über 1400 tote Tiere eingesammelt wurden und alle 1024 Geflügelhalter auf der Insel kontrolliert worden sind.

"Wir haben die Situation im Griff", betonte Kassner. Anlaufprobleme wie etwa nicht ausreichend vorrätige Schutzanzüge für Helfer seien schnell abgestellt worden. Kassner ist überzeugt, daß andere Regionen nicht schneller hätten reagieren können.

Bürger im Nordosten sind gut über Vogelgrippe informiert

Coordt nannte die Schuldzuweisungen an die Rüganer Behörden "schäbig". Auch Landesgesundheitsministerin Dr. Marianne Linke hält die massive Kritik aus Bund und Land an ihrer Parteikollegin für ungerechtfertigt. Sie glaubt, daß Anlaufprobleme andernorts genauso aufgetreten wären. Die Bürger im Nordosten hält Linke für gut aufgeklärt über die Tierseuche. Sie rief aber Eltern, Lehrer und Erzieher dazu auf, Kinder vor engem Kontakt mit Wildvögeln zu warnen. Ziel müsse "Beruhigung, aber nicht Sorglosigkeit" sein.

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