COVID-19
Deutlich mehr beatmungspflichtige Patienten als bei Influenza
COVID-19-Patienten müssen deutlich häufiger und deutlich länger beatmet werden als Pneumonie-Patienten zu Zeiten von Influenzawellen. Das Robert Koch-Institut betont eindringlich: Auf eine solche Situation müssen sich Kliniken in Deutschland einstellen.
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Die mittlere Beatmungsdauer von COVID-19-Patienten lag in China bei 9 Tagen für nicht-invasive Beatmung und bei 17 Tagen für invasive Beatmung.
© Alexandre Marchi/MAXPPP/dpa
Berlin. COVID-19-Patienten sind im Vergleich mit Pneumonie-Patienten in Zeiten von Influenzawellen eher jünger, müssen deutlich häufiger beatmet werden und dies über einen deutlich längeren Zeitraum. Zudem haben COVID-19-Patienten seltener Vorerkrankungen. Grundsätzlich ist, ausgehend von einer vergleichbaren Grunddiagnose (Pneumonie), der Anteil intensivpflichtiger und gestorbener Patienten allerdings „erstaunlich ähnlich“, wie das Robert Koch-Institut (RKI) berichtet (Epi Bull 14/2020). Das RKI betont eindringlich, die Krankenhäuser in Deutschland sollten sich dementsprechend vorbereiten.
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Diese erste RKI-Einschätzung zur klinischen Schwere von COVID-19 beruht auf einem Vergleich von Daten hospitalisierter COVID-19-Patienten aus mehreren chinesischen Städten (Wuhan, Peking, Shenzhen und aus den Provinzen Hubei und Zhejiang) mit einer Referenzgruppe von Pneumonie-Patienten, die jeweils in einem vergleichbaren Zeitraum (3. – 5. KW) zu Beginn der jährlichen saisonalen Influenzawelle 2015-2019 in 73 deutschen Krankenhäuser stationär aufgenommen wurden. Diese Patientendaten waren im ICOSARI-Sentinel des RKI erfasst worden.
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Einbezogen wurde der jeweilige Anteil der Pneumonie-Patienten mit akutem Atemnotsyndrom (ARDS), Beatmung, Intensivpflichtigkeit und tödlichem Krankheitsverlauf.
Die Ergebnisse im Einzelnen:
- COVID-19-Patienten sind jünger: In einer Studie aus Wuhan waren die hospitalisierten COVID-19-Patienten im Schnitt 55,5 Jahre alt. Pneumonie-Patienten im ICOSARI-Sentinel waren dagegen durchschnittlich 63 Jahre alt. Das RKI betont, die unterschiedliche Bevölkerungs- und Altersstruktur in Deutschland und China seien in der Berechnung beachtet worden: „Dieser Unterschied kann nicht allein durch die jüngere Bevölkerung in China erklärt werden.“
- COVID-19-Patienten haben seltener Vorerkrankungen: Der Anteil von Patienten mit vorbestehenden Grunderkrankungen war bei den COVID-19-Patienten in China mit 20 – 51 Prozent deutlich geringer als bei den Pneumonie-Patienten in Deutschland (70 – 77 Prozent). Als häufigste Diagnosen wurden sowohl bei den COVID-19-Patienten als auch bei den Pneumonie-Patienten in Deutschland Hypertonie und Diabetes angegeben. COVID-19-Patienten litten allerdings weniger häufig an COPD oder Nierenerkrankungen.
- COVID-19-Patienten müssen häufiger beatmet werden: In drei Fallserien aus Hubei wurde ein hoher Anteil von beatmeten COVID-19-Fällen beschrieben (20, 23 und 25 Prozent). Dagegen war der Anteil beatmeter Pneumonie-Patienten im ICOSARI-Sentinel um mehr als die Hälfte geringer (9 Prozent).
- COVID-19-Patienten müssen länger beatmet werden: Die mittlere Beatmungsdauer der COVID-19-Patienten lag bei 9 Tagen für nicht-invasive Beatmung und bei 17 Tagen für invasive Beatmung. Bei den Pneumonie-Patienten im ICOSARI-Sentinel war die Beatmungsdauer (nicht-invasiv und invasiv) mit 2 Tagen deutlich kürzer.
- Ähnlicher Anteil intensivpflichtiger und gestorbener Patienten: Der Anteil intensivpflichtiger Pneumonie-Patienten betrug im ICOSARI-Sentinel 20 Prozent. Ein vergleichbarer Anteil intensivpflichtiger Pneumonie-Patienten mit laborbestätigter SARS-CoV-2-Infektion wurde auch in Wuhan berichtet. Der Anteil gestorbener ICOSARI-Pneumonie-Patienten lag bei 6 Prozent und damit in einer vergleichbaren Größenordnung wie bei den COVID-19-Patienten in Hubei.