Der Standpunkt
Ein Tag, der an die Knochen geht
Der Autor ist Medizin-Redakteur von Springer Medizin. Schreiben Sie ihm: robert.bublak@ springer.com
Gut zehn Jahre ist es her, da erschien im angesehenen "British Medical Journal" ein Artikel, der sich mit dem Thema "Disease Mongering" befasste, zu Deutsch: dem Erfinden von Krankheiten. In den Fokus geriet dabei auch die Osteoporose, und in den Jahren seither ist die Reihe von Artikeln und Büchern, die über die angeblich erfundene Volkskrankheit und die Geschäfte mit ihr geschrieben worden sind, nicht abgerissen.
Die laut Kuratorium Knochengesundheit 6,5 Millionen Frauen und 1,3 Millionen Männer über 50, die allein in Deutschland von Osteoporose betroffen sind, dürfte es hingegen überraschen, dass ihre Schmerzen und Beschwerden lediglich erfunden sein sollen.
Ein Tag wie der heutige Welt-Osteoporose-Tag, ist daher auch ein Signal an die Patienten. Ihr Leiden wird nicht als "normale" Alterserscheinung abgetan, sondern als eine Krankheit betrachtet, die buchstäblich an die Knochen geht. Nicht umsonst zählt die WHO, die sich seit 1998 an dem Aktionstag beteiligt, die Osteoporose zu den weltweit wichtigsten Erkrankungen.
Wundern mag man sich vielleicht über das Motto des diesjährigen Osteoporosetages: "Einer ist genug". Der erste Knochenbruch soll auch der letzte sein - aber ist nicht der erste schon einer zu viel?
Liest man hingegen, was Privatdozent Stephan Scharla vom Kuratorium Knochengesundheit dazu zu sagen hat, hört das Wundern auf: Nicht einmal die Hälfte der Patienten, die eine Osteoporose-bedingte Fraktur erleiden, erhalten spezifische Arzneien gegen die Krankheit. Vor diesem Hintergrund erscheint die Vorgabe "Einer ist genug" durchaus als ehrgeizig genug.
Eine Schlüsselposition haben dabei die Hausärzte. Sie sind die ersten Ansprechpartner der Patienten und können Risikofaktoren für eine Osteoporose und Knochenbrüche bereits im Vorfeld erfassen. Die Aufmerksamkeit dafür ist in den vergangenen Jahren in Deutschland gestiegen, wie Scharla versichert.
Eine gute Nachricht. Denn noch immer erleiden jährlich vier bis fünf Prozent der Osteoporose-Patienten eine Fraktur. Und eines sind diese Brüche ganz bestimmt nicht: erfunden.
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