Traditionelle Rollenmuster
Corona-Pandemie: Frauen und Männer haben auf Stress unterschiedlich reagiert
Um die psychische Gesundheit von Frauen und Männern zu verbessern, müssen soziale Aspekte berücksichtigt werden, betont ein Team aus Würzburg. Es hat Stressfaktoren während der Pandemie untersucht.
Veröffentlicht:Würzburg. Die verschiedenen Corona-Maßnahmen der Politik dürften bei vielen Menschen für enormen Stress gesorgt haben, erinnert die Universität Würzburg in einer Mitteilung: Die Angst um den Arbeitsplatz, die Sorge um erkrankte Verwandte, die nervliche Belastung, wenn Eltern und Kinder zusammen in einer kleinen Wohnung sitzen und Homeoffice und Homeschooling unter einen Hut bringen sollen: Das alles ist nicht ohne Auswirkungen geblieben, wie viele Studien zeigen.
Inwieweit sich diese Erfahrungen auf die psychische Gesundheit und die Lebensqualität von Frauen und Männern im ersten Jahr der COVID-19-Pandemie ausgewirkt hat, hat ein Forschungsteam der Universität analysiert. In einer Studie wurden die Konsequenzen der COVID-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit und Lebensqualität von Männern und Frauen untersucht. Befragt wurden rund 2.900 Personen. Davon waren rund 1.500 Frauen und 1.400 Männer. Ihr Alter lag zwischen 34 und 85 Jahren, das Durchschnittsalter betrug 60 Jahre.
Männer sorgten sich um Arbeitsplatz, Frauen um Familie
Dabei zeigten sich geschlechtsspezifische Unterschiede: „Bei Männern steigt die Angst in zunehmendem Maß mit der Sorge um den Arbeitsplatz, bei Frauen findet sich dieser Effekt nicht. Dafür konnten wir bei Frauen eine Zunahme der Angstwerte parallel mit einer Zunahme der Sorgen um Familie und Freunde registrieren“, wird Professorin Grit Hein aus Würzburg in der Mitteilung zitiert. Zusätzlich verdeutliche die Untersuchung, dass Frauen positiv auf die Unterstützung durch Freunde und Familie in Krisenzeiten reagierten, indem sie ein Plus an Lebensqualität empfänden. Bei Männern zeige sich dieses Phänomen nicht.
„In der Vergangenheit haben zahlreiche Studien untersucht, welchen Einfluss psychosoziale Faktoren wie beispielsweise die Unterstützung durch Freunde und Kollegen und finanzielle, berufliche oder persönliche Sorgen auf die psychische Gesundheit und die Lebensqualität ausüben. Es fehlten jedoch Daten darüber, ob diese Zusammenhänge bei Männern und Frauen gleich sind“, erklärte die Studienleiterin und Neurowissenschaftlerin Hein den Hintergrund der Studie (Scientific Reports 2023; online 19. Juli).
Ergebnisse sind auf Rollenmuster zurückzuführen
Die Ergebnisse stünden in Verbindung mit traditionellen Rollenmustern. „Die Beobachtung, dass Männer stärker mit der Arbeit und Frauen stärker mit Familie und Freunden in Verbindung gebracht werden, kann auf traditionelle Geschlechternormen und -rollen zurückgeführt werden“, erklärt Hein in der Mitteilung.
Die Ergebnisse seien eindeutig; da die COVID-19-Pandemie aber „einen sehr spezifischen Kontext“ darstelle, müsse noch geklärt werden, ob die Resultate auf allgemeine pandemieunabhängige Situationen übertragbar seien, so die Studienautoren. Unbestreitbar sei jedoch ein Befund: „Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, bei therapeutischen Maßnahmen soziale Aspekte zu berücksichtigen, um die psychische Gesundheit von Frauen und Männern zu verbessern“, so Hein. (KNA/eis)