Tularämie

Hasenpest nach Weinlese

Forscher haben nun erstmals die Übertragung von Tularämie durch Trauben beschrieben – in unbehandeltem Traubenmost.

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Mögliche Gefahr im Traubenmost, aber im fertigen Wein wohl keine Bedrohung: Francisella tularensis kann Trauben kontaminieren.

Mögliche Gefahr im Traubenmost, aber im fertigen Wein wohl keine Bedrohung: Francisella tularensis kann Trauben kontaminieren.

© Floydine / stock.adobe.com

BERLIN. Die Tularämie, auch Hasenpest genannt, wird durch das Bakterium Francisella tularensis ausgelöst. Es handelt sich um eine zoonotische Erkrankung, die etwa durch Aufnahme von kontaminierten Nahrungsmitteln und Haut- oder Schleimhautkontakten mit infektiösem Tiermaterial (z.B. beim Abhäuten oder Verzehr von Hasen) oder durch Einatmen von kontaminierten Stäuben und Aerosolen hervorgerufen werden kann.

Ohne antibiotische Behandlung kann die Sterblichkeit über 30 Prozent betragen. Im Jahr 2017 wurden in Deutschland 52 Fälle registriert, die bislang höchste Zahl seit Bestehen der Meldepflicht, teilt das Robert Koch-Institut (RKI) mit.

Neben grippeähnlichen Symptomen (vor allem Fieber, Lymphknotenschwellungen, Schüttelfrost, Unwohlsein sowie Kopf- und Gliederschmerzen) kann das klinische Bild bei Tularämie sehr vielfältig sein und hängt von der Eintrittspforte des Erregers ab.

Sechs Tularämie-Erkrankte nach Weinlese

RKI-Wissenschaftler und Kollegen aus dem Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz haben den Fall eines Tularämieausbruchs bei Teilnehmern einer Weinlese beschrieben (NEJM 2018; 379: 197-199). Im Oktober 2016 waren in Rheinland-Pfalz sechs Tularämie-Erkrankungen gemeldet worden. Alle Infizierten hatten zuvor bei der Ernte auf einem Weingut geholfen und frisch gepressten Traubenmost konsumiert.

Die Forscher untersuchten Traubenmost-Produkte sowie Lymphgewebe einer erkrankten Person und konnten durch "Next Generation Sequencing" Francisella-Erbgut nachweisen. Zudem gelang es, die mitochondriale DNA eines Tieres nachzuweisen, das in den Herstellungsprozess geraten sein könnte und die Kontamination des Mosts durch die Bakterien wahrscheinlich hervorgerufen hat.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kontamination des entsprechenden Weinproduktes zu einer Erkrankung geführt hat, heißt es in der RKI-Mitteilung. Nur roher, unbehandelter Traubenmost führte zur Infektion.

Alle Daten, die bislang verfügbar sind – einschließlich der vergeblichen Anzuchtversuche im Labor während des Ausbruchs – weisen daruf hin, dass diese Bakterien in Bedingungen, wie sie in Wein vorherrschen, nicht überleben können. (eb)

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