Herzinfarkt-Forschung

Herzzellen mit Lichtimpulsen ausschalten

Forscher haben die Grundlage für neuartige Behandlungskonzepte von fehlgeleiteten elektrischen Prozessen etwa nach Herzinfarkt entwickelt.

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FREIBURG. Optogenetische Methoden erlauben die gezielte Beeinflussung biologischer Prozesse in einzelnen Zellen mit Licht. Dadurch kann das Verhalten von Zellen, Zellverbünden, Organen oder von ganzen Organismen mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung gesteuert werden, heißt es in einer Mitteilung des Instituts für Experimentelle Kardiovaskuläre Medizin (IEKM) am Universitäts-Herzzentrum Freiburg - Bad Krozingen (UHZ).

Molekulare Werkzeuge zum Anschalten der elektrischen Zellaktivität gibt es schon länger. Nun ist es erstmals Forschern unter Beteiligung des UHZ gelungen, ein neues optogenetisches Werkzeug zu entwickeln, mit dem elektrisch erregbare Zellen mit Licht gehemmt werden (Nature Comm 2018; (9): 4611). Das neue Werkzeug soll eingesetzt werden, um Vorgänge bei Herzinfarkt und neuronalen Prozessen besser zu verstehen. Für die Grundlagenforschung ist die Optogenetik von großer Bedeutung, da sie erlaubt, Zelltyp-spezifische Aufgaben im intakten Gewebe zu untersuchen.

Zur Erforschung der elektrischen Steuerung komplexer Zellverbände werden beispielsweise lichtempfindliche Ionenkanäle zum „Anschalten“ elektrisch erregbarer Zellen mittels Licht verwendet. Nützlich sind gleichermaßen optogenetische Werkzeuge zum „Ausschalten“ der elektrischen Zellaktivität. Allerdings waren die bisher dafür etablierten Proteine entweder nicht ausreichend effektiv oder hatten ungewollte Nebeneffekte.

Das neu entwickelte Zwei-Komponenten-System basiert auf der gleichzeitigen Herstellung eines photo-aktivierten Enzyms (PAC) und eines bakteriellen Kalium-Kanals (K). „Wenn PAC und K gemeinsam vorliegen (PACK), genügt eine Belichtung mit einem kurzen Blaulichtblitz, um die Aktivität von Herzmuskelzellen und Nervenzellen für mehrere Sekunden zu unterdrücken“, wird Studienautorin Dr. Franziska Schneider-Warme, IEKM in der Mitteilung zitiert. Gemeinsam mit der Doktorandin Ramona Kopton hat sie die Experimente an Herzzellen durchgeführt. Durch PACK-Aktivierung können auch Bewegungsabläufe in Zebrafischen durch Licht angehalten werden.

„Das Besondere an dem neuen optogenetischen System ist – neben der Funktion als ‚Aus‘-Schalter – seine ausgesprochen hohe Lichtempfindlichkeit“, sagt Ko-Studienleiter Professor Peter Kohl vom IEKM. Nach der Aktivierung des PACK- Systems durch wenige Photonen verschieben Kalium-Ionen-vermittelte Ströme das Membranpotenzial in Richtung des natürlichen Ruhemembranpotenzials der Zelle. Diese Art des Ausschaltens ist energetisch sinnvoll und reduziert ungewollte Nebeneffekte.

Die Forscher möchten ihr Werkzeug einsetzen, um neue Behandlungskonzepte zur Untersuchung fehlgeleiteter elektrischer Prozesse zu entwickeln, etwa nach einem Herzinfarkt. Darüber hinaus planen sie weitere Anwendungen zur Untersuchung neuronaler Netzwerke. (eb)

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