Prävention von HIV-Infektionen
Kölner Forscher finden breit wirksamen Antikörper gegen HIV
Einen breit neutralisierenden Antikörper gegen das HI-Virus haben Forscherinnen und Forscher aus Köln identifiziert. Der Antikörper könnte als Prophylaxe das Risiko einer Infektion mit HIV reduzieren.
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Leukozyten und Antikörper: Der in Köln identifizierte Antikörper verhindert effektiv das Binden des HI-Virus an T-Helferzellen des Immunsystems.
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Köln. Forscher der Universitätsklinik Köln haben einen breit neutralisierenden monoklonalen Antikörper in Blutproben gegen das HI-Virus gefunden. Dieser sei in der Lage, in Laborexperimenten verschiedene HIV-Varianten zu neutralisieren und habe das Potenzial, eine HIV-Infektion zu verhindern, wird er präventiv gegeben (Nat Immunol 2025; online 6. Oktober).
Präexpositionsprophylaxe
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Das Forschungsteam um Professor Florian Klein untersuchte Blutseren von 32 Elite-Controllern aus mehreren Ländern. Dabei handelt es sich um HIV-infizierte Personen, die eine HIV-Infektion auch ohne medikamentöse Behandlung unter Kontrolle behalten können und eine besonders starke und breit wirksame Antikörperantwort entwickeln können. Aus deren Blut extrahierten sie 831 verschiedene, monoklonale Antikörper und testeten diese im Laborexperiment auf ihre Fähigkeit, unterschiedliche Varianten von HI-Pseudoviren zu neutralisieren, heißt es in einer Mitteilung des Science Media Centers zur Veröffentlichung der Studie.
Ko-Rezeptor blockiert
Einer unter ihnen mit dem Namen 04_A06 sei dabei besonders aufgefallen. Er blockiert den CD4-Ko-Rezeptor am HI-Virus besonders effizient und konnte 95 Prozent der getesteten 337 HIV-1-Varianten neutralisieren. Mit diesem bindet das Virus während einer Infektion an T-Zellen, nutzt diese für seine Replikation und schwächt so auf lange Sicht das Immunsystem. Darüber hinaus war der Antikörper nicht anfällig für bekannte Mutationen, die diesen CD4-Ko-Rezeptor betreffen und dem Virus eine Flucht vor wirksamen Immunantworten bieten. In Experimenten mit humanisierten Mäusen, die mit HIV infiziert waren, konnte die Gabe von 04_A06 das Virus vollständig supprimieren.
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Die Entdeckung haben in dieser Hinsicht eine hohe klinische Relevanz, weil man bei den Elite-Controllern davon ausgehen könne, dass sie so wirksame HIV-spezifische Antikörper bilden, dass sie mit einer antiviralen Substanz vergleichbar wirksam sind, wird Professor Christoph Spinner, Oberarzt und Leiter der Infektiologie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, in der Mitteilung zitiert. „Die hohe Wirksamkeit wird in der Studie bestätigt, weil die Neutralisationskapazität, also die antivirale Wirksamkeit, des untersuchten Antikörpers mit deutlich über 90 Prozent sehr hoch ist. Damit eignet er sich theoretisch zur Prävention und Therapie einer HIV-Infektion.“
Ein langer Weg
Den Autorinnen und Autoren zufolge biete 04_A06 Möglichkeiten für eine wirksame Behandlung und Prävention von HIV-1-Infektionen. Trotz jahrzehntelanger Forschung gibt es bislang keine Impfung, die vor einer HIV-Infektion schützt. Antikörper könnten an dieser Stelle – wie bereits verwendete lang-wirksame antiretrovirale Medikamente wie Lenacapavir – als passive Immunisierung eine Alternative bieten.
In einer klinischen Phase-I-Studie testete ein US-amerikanisches Forschungsteam bereits eine Kombination aus drei Antikörpern als Präventionsstrategie (Nat Med 2022; 28:1288–1296). Anhand von Modellierungsdaten gehen die Autorinnen und Autoren der vorliegenden Studie davon aus, dass eine einfache Dosis mit 04_A06 eine vergleichbare Präventionseffizienz erzielen könnte wie diese Dreifachkombination. Das müssen zukünftige klinische Studien allerdings erst noch nachweisen.
An dieser Stelle goss auch Spinner in der Mitteilung etwas Wasser in den Wein: „Das heißt, auch wenn die ersten Ergebnisse vielversprechend sind, liegt noch ein langer Weg zur potenziellen klinischen Nutzbarkeit.“ (mmr)