DEGAM-Kongress

Martin Scherer: Kulturwandel gegen das Chaos im Gesundheitssystem erforderlich

Unordnung, Desorientierung, Chaos: Dem scheidenden DEGAM-Präsidenten Martin Scherer fallen diese Begriffe ein, wenn er an das deutsche Gesundheitswesen denkt. Abhilfe verspricht er sich von einer stärkeren Steuerung.

Veröffentlicht:
Der scheidende DEGAM-Präsident Professor Martin Scherer (r.) und Kongress-Präsident Professor Nils Schneider (l.) bei der Eröffnungs-Pressekonferenz: Ein Primärzarztsystem könnte dazu beitragen, „mehr prozedurale Exzellenz in das Gesundheitssystem“ zu bringen. Medizinische Exzellenz, so Scherer, gebe es in Praxen und Kliniken ganz viel.

Der scheidende DEGAM-Präsident Professor Martin Scherer (r.) und Kongress-Präsident Professor Nils Schneider (l.) bei der Eröffnungs-Pressekonferenz: Ein Primärzarztsystem könnte dazu beitragen, „mehr prozedurale Exzellenz in das Gesundheitssystem“ zu bringen. Medizinische Exzellenz, so Scherer, gebe es in Praxen und Kliniken ganz viel.

© Daniel Reinhardt

Hannover. Mehr Ordnung im System für mehr Effizienz: Diese Forderung erhob der scheidende DEGAM-Präsident Professor Martin Scherer in der Auftakt-Pressekonferenz des 59. DEGAM-Kongresses in Hannover.

Scherer hält eine Patientensteuerung und ein Primärarztsystem für erforderlich, damit das eingesetzte Geld im deutschen Gesundheitssystem zielgerichtet für eine bessere Versorgung eingesetzt wird. Derzeit nehme er in Teilen „Unordnung“, „Chaos“ und „Desorientierung“, statt eines kollektiven Verantwortungsbewusstseins wahr.

Primärzarztsystem als Schweizer Käse mit vielen Ausnahmen?

Damit es effizienter wird, ist aus Sicht des Direktors des Hamburger Instituts für Allgemeinmedizin ein Kulturwandel nötig, der insbesondere bei zwei Gruppen einsetzen müsse:

  • Patienten müssten bereit sein, sich stärker lenken zu lassen und in den meisten medizinischen Fragestellungen zunächst einen Hausarzt oder eine Hausärztin aufzusuchen. Scherer ist zwar für Ausnahmen in begründeten Fällen, etwa für Gynäkologie oder Ophthalmologie, warnte aber davor, aus einem Primärarztsystem einen „Schweizer Käse“ mit zu vielen Löchern zu machen.
  • Facharztpraxen müssten sich stärker für die medizinisch wichtigen Belange der Patienten zuständig fühlen. Scherer sprach sich gegen ein „cherry picking“ aus und mahnte, Facharztpraxen müssten „stärker bereit sein für die Patienten, die dringend gesehen werden müssen“.
Lesen sie auch

Schneider: Primärärztliche Versorgungszentren Teil der Lösung

Die Hausarztpraxen können die Rolle, die ihnen damit zufällt, aus Sicht Scherers ausfüllen – sie seien schon jetzt überwiegend gut organisiert. Mit Hilfe von mehr Digitalisierung und mehr Delegation werden sie nach seiner Meinung auch mit größeren Herausforderungen zurechtkommen.

Co-Kongresspräsident Professor Nils Schneider von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sprach sich für mehr Primärarztzentren in Deutschland aus – nicht als Ersatz, aber als stärkere Ergänzung zu Einzel- und Gemeinschaftspraxen als bislang.

„System ist zu stark auf Ärztinnen und Ärzte zugeschnitten“

Diese Zentren kommen nach seiner Beobachtung dem Wunsch junger Mediziner nach Teamarbeit als Angestellte stärker entgegen. Außerdem sollten diese Zentren interprofessionell arbeiten und damit zu einer „Neuverteilung der Arbeit“ kommen: „Unser Gesundheitssystem ist zu stark auf Ärztinnen und Ärzte zugeschnitten.“

Zur Frage der Trägerschaft: Schneider wünscht sich mehr kommunales Engagement, weil er damit keine interessengeleitete Versorgung verbindet. Zugleich räumte er ein, dass Kommunen in der Realität kein gesteigertes Interesse an einer Trägerschaft von ambulanten Strukturen zeigen. (di)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Multizentrische Phase-III-Studie

Morphin bei chronischer Atemnot offenbar wenig wirksam

Zu viele Patienten in Notaufnahmen?

Zi: Akutversorgung vor allem in Hausarztpraxen

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion von Gilead Sciences beim DÖAK 2025 von links: Dr. Nazifa Qurishi, Fachärztin für Innere Medizin und Infektiologie, Gemeinschaftspraxis Gotenring Köln; Kelly Cavalcanti, HIV-Aktivistin und Referentin für Gesundheit und Empowerment, Köln, und Martin Flörkemeier, Senior Director Public Affairs, Gilead Sciences, München

© Gilead

Unternehmen im Fokus

HIV-Versorgung: Vertrauen in unruhigen Zeiten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Multimodaler Ansatz zur Regeneration der Darmbarriere

© Steffen Kögler / stock.adobe.com

Reizdarmsyndrom und Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Multimodaler Ansatz zur Regeneration der Darmbarriere

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Studienüberblick

Vorteile der Loop-Systeme in der Diabetesbehandlung

Zu viele Patienten in Notaufnahmen?

Zi: Akutversorgung vor allem in Hausarztpraxen

Schlaganfallrisiko

Vorhofflimmern: Geht‘s nach Ablation auch ohne Antikoagulation?

Lesetipps