Suchtwelle voraus

Opioid-Epidemie auch bald in Deutschland?

Schlechtes Vorbild USA: Deutschland droht eine Welle an Opioid-Suchtkranken, warnt ein Berliner Anästhesiologie-Professor.

Alexander JoppichVon Alexander Joppich Veröffentlicht:
Ein Pillenregen: Aus Sucht zerkochen manche Abhängige Schmerzpflaster oder zerstoßen Pillen, um an den konzentrierten Wirkstoff heranzukommen.

Ein Pillenregen: Aus Sucht zerkochen manche Abhängige Schmerzpflaster oder zerstoßen Pillen, um an den konzentrierten Wirkstoff heranzukommen.

© sdecoret / stock.adobe.com

BERLIN. US-Präsident Donald Trump hatte im vergangenen Oktober den nationalen Gesundheitszustand wegen der grassierenden Opioid-Abhängigkeitsepidemie ausgerufen – in Deutschland hat das Thema bisher wenig aufmerksam hervorgerufen.

Der Leiter der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin an der Berliner Charité, Prof. Dr. Christoph Stein, holt die wachsende Opoid-Sucht in Deutschland jetzt unter dem Radar hervor: "In Deutschland droht eine Opioid-Epidemie wie in den USA", sagte Stein der Zeitung "Die Welt".

Der Pro-Kopf-Verbrauch unterscheide sich kaum noch zu den USA, wo 2016 laut CDC mehr als 42.000 Menschen an den Folgen von Opioiden gestorben sind, so Stein. "Die Welt" verweist auf Zahlen des International Narcotics Control Boards: Die Verschreibung von Opioiden in Deutschland sei, nach Jahren relativ niedrigen Verbrauchs, zuletzt stark angestiegen.

Teilweise sei diese Entwicklung begrüßenswert, da Schmerzpatienten oft weniger Opioide verschrieben bekommen hätten als in anderen Ländern – aus Angst vor Abhängigkeiten.

Unnötige Verschreibung wird zum Problem

Problematisch werde der Anstieg aber im Bereich von Patienten, bei denen Opioide, wie Tramadol oder Fentanyl, fälschlicherweise verschrieben würden: Ärzte verschrieben die Schmerzmittel nach Operationen in zu großen Mengen, um zu verhindern, dass Patienten zur Nachbehandlung erscheinen müssten. Auch bei Kopf- oder Rückenschmerzen beziehungsweise Osteoporose würden die Mittel wirkungslos verschrieben.

Stein greift dabei in dem Artikel auch die Pharmaindustrie an: Sie bewerbe Opioidmittel aggressiv und betreibe verdeckte Werbung.

Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (VfA) wehrt sich gegen den Vorwurf. "Es gibt keine Belege für aktuelles Fehlverhalten", wird Verbandssprecher Dr. Jochen Stemmler zitiert. Der letzte Vorwurf verdeckter Werbung für ein verschreibungspflichtiges Medikament sei Jahre her.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Rauchfreies Europa?

Rauchstopp: EU hat neben Tabak auch Nikotin im Blick

Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

© brizmaker | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionsscreening

Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Abb. 1: Patienten mit DMD profitierten von einer über 24-wöchigen Vamorolon-Therapie im Vergleich zu einer Therapie mit Prednison in Bezug auf das Längenwachstum

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [14]

Duchenne-Muskeldystrophie (DMD)

Erstes dissoziatives Kortikosteroid zugelassen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Santhera (Germany) GmbH, München
Abb. 1: Anteil der PMR-Patientinnen und -Patienten mit anhaltender Remission (primärer Endpunkt)

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Erstes steroidsparendes Biologikum bei Polymyalgia rheumatica

Sarilumab schließt eine therapeutische Lücke

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Systematisches Review und Metaanalyse

Antidepressiva absetzen: Welche Strategie ist am wirksamsten?

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie erkenne ich Schmerzen bei Menschen mit Demenz, Professorin Miriam Kunz?

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt