Übelkeit und Muskelschwund - das macht bei Reisen ins All zu schaffen

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Ein gesundes Herz und stabile Gefäße - das sind die wesentlichen gesundheitlichen Voraussetzungen für einen Trip ins All. Denn Flug und Aufenthalt im Weltraum sind nicht besonders belastend. Allerdings: Je nach Phase und Dauer des Aufenthalts können sich einige Gesundheitsprobleme ergeben. Wer im All täglich zwei Stunden auf dem Laufband zu trainiert, hat aber gute Chancen, gesund zur Erde zurückzukehren.

Die Beschleunigung beim Start eines Raumschiffs entspricht etwa dem Zwei- bis Dreifachen der Erdanziehungskraft: Der Körper wiegt entsprechend das Doppelte bis Dreifache. Den meisten Menschen bereitet das aber keine Probleme - bei einer Achterbahnfahrt werden viel höhere Beschleunigungen erreicht.

Allerdings dauert die Beschleunigungsphase beim Raumflug mit zehn Minuten deutlich länger als ein Looping in der Achterbahn. Für Patienten mit Gefäßerkrankungen bedeutet das eine zusätzliche Belastung der Gefäße - sie sollten lieber auf einen Raumflug verzichten, so Professor Hanns-Christian Gunga vom Zentrum für Weltraummedizin in Berlin. Wer also keine KHK hat und Achterbahnfahren verträgt, hat schon mal gute Karten.

Zur Raumkrankheit kommt es bei etwa 40 Prozent der Raumfahrer, sobald sie das Gravitationsfeld der Erde verlassen. Die Symptome sind ähnlich wie bei der Seekrankheit - Übelkeit und Schwindelgefühl. "Leute, die nicht seekrank werden, haben damit weniger Probleme."

Der Grund für die Übelkeit: Auf die Sinneshärchen des Gleichgewichtsorgans wirkt keine Gravitation mehr, das verändert das Gleichgewichtsempfinden. Das Gehirn muß sich erst an die neue Situation gewöhnen. Die Beschwerden können zwei Tage lang anhalten, so Gunga.

Ein weiterer Effekt tritt ebenfalls sofort in der Schwerelosigkeit auf: Die Körperflüssigkeit verlagert sich von den Extremitäten hin zum Oberkörper. Der Effekt kann den Salzwasserhaushalt beeinträchtigen und zu Kopfschmerzen führen.

Schmerzen im Lendenwirbelbereich sind in den ersten Tagen und Nächten im All häufig. Ohne Gravitation nimmt der Tonus der Rückenmuskulatur ab und die S-förmige Wirbelsäule streckt sich - die Raumfahrer wachsen um zwei bis fünf Zentimeter, so Gunga. Dadurch werden Hinterhornfasern am Rückenmark gereizt.

Der Herzmuskel atrophiert bereits nach einigen Tagen im All - er muß in der Schwerelosigkeit weniger schwer pumpen und paßt sich sofort an die verminderte Belastung an. Wer 18 Tage ohne Sport durchs All treibt, ist bei der Rückkehr zur Erde infarktgefährdet, weiß man von russischen Kosmonauten.

Zwei Stunden Training auf dem Laufband oder Ergometer sind daher Pflicht für jeden Raumfahrer - und sorgen auch dafür, daß bei der Rückkehr zur Erde auch noch genug Beinmuskulatur da ist. Die ersten Kosmonauten, die ohne Training längere Zeit im All waren, mußte man nach ihrer Ankunft aus der Raumkapsel tragen.

Spaß macht das Training auf einem Laufband allerdings kaum. Die Raumfahrer werden mit Gurten festgezurrt, damit sie nicht davonschweben. Das hindert die inneren Organe jedoch nicht daran, durch den Bauchraum zu fliegen. "Nicht jeder verträgt es, wenn ihm dabei der Magen unters Kinn saust", so Gunga.

Knochenabbau ist ein noch ungelöstes Problem bei Langzeitflügen in der Schwerelosigkeit. Zwar hilft ein Muskeltraining auch, die Knochenmasse zu erhalten, da die Knochen über die Muskelansätze mitbelastet werden. Auf Dauer genügt das aber nicht. Zusätzlich ist dann ein Training, etwa auf vibrierenden Platten, nötig.

Dennoch wird auch das beste Training die Wirkung der Schwerkraft auf Kreislauf, Muskeln und Knochen nicht ersetzen: Ebenso lange, wie man in der Schwerelosigkeit war, dauert es, bis sich Muskel- und Knochenmasse danach wieder normalisiert haben, so Gunga. Bei künftigen Marsreisen könnte dies ein Problem sein: Wenn die Raumfahrer nach sechs Monaten Flug auf dem roten Planeten angekommen sind, fehlen ihnen dort die Muskeln für ausgiebige Spaziergänge.

Strahlung durch Sonnenwind wäre die größte Gefahr bei Reisen zu anderen Planeten. Im Erdorbit lenkt das Erdmagnetfeld die hochenergetischen Sonnenteilchen weitgehend ab. Bei einem Flug zum Mars und zurück wären die Astronauten dem Sonnenwind jedoch ungeschützt ausgesetzt. Die Strahlendosis läge bei etwa 500 Millisievert - dem Zweihundertfachen dessen, was man auf der Erde pro Jahr an radioaktiver Hintergrund-Strahlung aufnimmt. Unklar ist zudem, ob Raumfahrer eine solche Reise psychisch verkraften. (mut)

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