Pädiatrie

BVKJ kritisiert Regierungskommission: „Weltfremde Vorschläge aus dem Wolkenkuckucksheim“

Kinderkliniken sollen mehr ambulant behandeln können – das hat die Regierungskommission kürzlich vorgeschlagen. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte reagiert verärgert. Der Kommission fehle die notwendige Fachkompetenz der ambulanten Versorgung.

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BVKJ-Präsident DR. Thomas Fischbach übt scharfe Kritik an der Arbeit der Regierungskommission Krankenhaus. (Archivbild)

BVKJ-Präsident DR. Thomas Fischbach übt scharfe Kritik an der Arbeit der Regierungskommission Krankenhaus. (Archivbild)

© Marc-Steffen Unger

Berlin. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) hat die Reformvorschläge der Regierungskommission zur Kinder- und Jugendmedizin scharf kritisiert. Dr. Thomas Fischbach, Präsident des BVKJ, bemängelt: „Die Regierungskommission, die über keinerlei Erfahrung in der ambulanten Pädiatrie verfügt, sollte endlich aufhören, weltfremde Vorschläge aus dem Wolkenkuckucksheim zu machen.“

Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen würden nicht gehört, obwohl sie einen Großteil der Kinder und Jugendlichen behandelten. Sie seien es auch, die die „unausgereiften Reformideen am Ende ausbaden“ müssten. Die Fachkompetenz der ambulanten Versorgung müsse in der Kommission vertreten sein. Fischbach wirft die Frage auf, ob es andernfalls nicht besser sei, die Kommission aufzulösen – immerhin handle es sich bei der Stellungnahme „nach den realitätsfernen Empfehlungen zu den pädiatrischen Notfallstrukturen um den zweiten klaren Fehlschlag“. Fischbach hatte unter anderem bereits die Pläne der Regierungskommission für eine Reform der Notfallversorgung kritisiert und als nicht weitgehend genug bewertet.

Institutsambulanzen „teurer und ineffizient“

Ende September hat die Kommission nun Vorschläge für Reformen im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin vorgelegt. Diese beinhalten unter anderem, dass in Kinderkliniken in Deutschland mehr ambulante Behandlungen möglich sein sollen. Praktisch umgesetzt werden könnte dies über Institutsambulanzen für Kinder und Jugendliche.

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Der BVKJ bezeichnet Institutsambulanzen, die ohne pädiatrischen Überweisungsvorbehalt laufen, als teurer und ineffizient. Der Vorschlag sei keineswegs geeignet, „eine qualitativ hochwertige fachärztliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen sicherzustellen“. Versorgung werde so an die Kliniken verlagert, statt eine sektorenübergreifende Versorgung zu unterstützen. Der BVKJ spricht weiter von einem „Ausverkauf der ambulanten Versorgung an die Kliniken“.

Der Verband fordert, die „bewährten Strukturen der vertragsärztlichen Versorgung“ zu stärken, „statt sie weiter finanziell auszutrocknen.“ (heib)

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Kommentare
Dr. Ulf Winkler 04.10.202307:48 Uhr

Der BVKJ als überwiegende Interessenvertretung der niedergelassenen Kinderärzte wollen es natürlich nicht wahrhaben, dass die ambulante kinderärztliche Versorgung längst nicht mehr überall gewährleistet ist. Eltern finden keinen Kinderarzt für ihre Kinder, Praxen schließen ohne Nachfolger - natürlich vor allem im ländlichen Raum. Die Akut- und "Notfall"versorgung liegt schon seit Jahren nahezu ausschließlich bei den Kliniken -ohne Überweisungsvorbehalt - und die niedergelassenen Kollegen verlassen sich gern darauf, wenn sie ihre Praxis pünktlich schließen. Kaum ein Kinderarzt fährt mehr Hausbesuche, die "Bereitschaftspraxen" sind nur wenige Stunden am Wochenende geöffnet.
Daher ist es unumgänglich, die Ressource "Facharzt" sektorenübergreifend nutzen zu können. Hierfür muss aber die Vergütung sichergestellt werden - in Form von Institutsambulanzen wäre dies möglich.

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