Nach Lockerungen

Briten staunen über sinkende Corona-Infektionszahlen

60.000 Menschen beim EM-Finale, feiernde Menschen in den Straßen – trotzdem wurden in England die Corona-Restriktionen gelockert. Warum die Infektionszahlen jetzt dennoch sinken, ist noch nicht geklärt.

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Feiernde Fans während der Fußball-EM auf Londons Straßen. Solche Bilder haben vielen britischen Ärzten die Schweißperlen auf die Stirn getrieben.

Feiernde Fans während der Fußball-EM auf Londons Straßen. Solche Bilder haben vielen britischen Ärzten die Schweißperlen auf die Stirn getrieben.

© Kieran Cleeves / PA Wire / dpa

London. Mit Überraschung und auch mit einiger Verwunderung werden die sinkenden COVID-19-Infektionszahlen in England derzeit von Ärzten und Epidemiologen beobachtet. Erwartet wurden statt sinkender Zahlen mehr Neuinfektionen. In England wurden vor rund zwei Wochen fast alle COVID-Restriktionen aufgehoben und Nachtclubs dürfen seitdem auch wieder öffnen.

Der britische Premierminister Boris Johnson wertete die jüngsten Entwicklungen beim Infektionsgeschehen als „Erfolg“ und „Bestätigung, dass wir auf einem guten und richtigen Weg“ sind. Hintergrund sind die seit Tagen sinkenden Zahlen der gemeldeten Neu-Infektionen.

Am Dienstag wurden laut Londoner Gesundheitsministerium in England 21.691 neue Infektionen mit COVID gemeldet. Damit hält der Abwärtstrend weiter an. Noch vor rund einer Woche gab es in England täglich 30.000 Neuinfektionen oder noch mehr. Die 7-Tage-Inzidenz sank ebenfalls seit Mitte Juli stetig von fast 500 auf jetzt weniger als 300 Fälle pro 100.000 Personen.

In Schottland, Wales und Nordirland ist man vorsichtiger

Damit sind die schlimmsten Befürchtungen von Epidemiologen und Medizinern, ein Ende der COVID-Auflagen wie Maskenpflicht, Mindestabstand oder Versammlungsverbote könnten unmittelbar zur vierten Infektionswelle führen, bislang nicht eingetreten.

Besonders Klinikärzte in England hatten im Vorfeld mehrfach vor zu schnellen Lockerungen gewarnt. Zum Höhepunkt der letzten COVID-Welle im vergangenen Winter waren die Intensivstationen überfüllt und der stationäre Sektor balancierte hart am Rande des totalen Kollapses.

In Schottland, Nord-Irland und Wales wurden anders als in England viele der seit Beginn der Pandemie geltenden Restriktionen bislang noch nicht oder kaum gelockert. Zu groß war dort die Angst, zu eilige Schritte könnten das Infektionsgeschehen wieder anfachen und zu einer Überlastung des Gesundheitssystems führen.

Viele neue Todesfälle

Doch nachdem die Horror-Szenarien in England bislang ausblieben, kündigte jetzt Schottland an, ebenfalls bestimmte Bestimmungen lockern zu wollen und damit dem Vorbild Englands zu folgen. In Schottland soll nach Angaben von Regierungschefin Nicola Sturgeon am 9. August gelockert werden.

Aus englischer Sicht besorgniserregend ist freilich die steigende Zahl der nach einer COVID-Infektion sterbenden Patienten.

Jüngst wurden täglich bis zu 138 neue Todesfälle innerhalb der ersten 28 Tage nach Diagnose gemeldet – der höchste Stand seit Mitte März. „Es ist zu früh, sich ein abschließendes Urteil zu erlauben, wie sich diese Pandemie weiter entwickeln wird“, so ein Londoner Klinikarzt im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“. „Dieses Virus hat uns schon oft überrascht.“ (ast)

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