Britische Ärzte drohen mit Stillstand

Der erste Streik seit fast 40 Jahren: In Großbritannien gehen die Ärzte gegen die Sparpolitik auf die Barrikaden. In drei Wochen wollen sie streiken - und könnten damit das Gesundheitswesen in ein Chaos stürzen.

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Streik vor drei Monaten in London: jetzt mobilisieren auch die Mediziner.

Streik vor drei Monaten in London: jetzt mobilisieren auch die Mediziner.

© Andy Rain / epa / dpa

LONDON (ast). Britische Hausärzte werden demnächst streiken. Die für den 21. Juni angekündigten landesweiten Arbeitsniederlegungen dürften das staatliche Gesundheitswesen ins Chaos stürzen, befürchten Beobachter. Es handelt sich um den ersten Ärztestreik in Großbritannien seit etwa 40 Jahren.

Die knapp 42.000 Allgemeinmediziner des staatlichen Gesundheitsdienstes National Health Service (NHS) protestieren mit ihrem Streik gegen die Sparpolitik der Regierung Cameron.

Konkret stören sich die Mediziner an den geplanten Kürzungen der Pensionsansprüche - derzeit im Schnitt etwa 41.000 Euro im Jahr - für Ärzte im Königreich. Das Londoner Gesundheitsministerium drängt auf die Kürzungen um 15 bis 20 Prozent, da es an Geld fehle.

Außer den Hausärzten sind auch Gebiets- und Krankenhausärzte betroffen. Auch sie werden streiken.

Patientenvertreter empört

Der politisch einflussreiche Ärztebund British Medical Association (BMA) hatte kürzlich durch eine Urabstimmung ermittelt, dass 80 Prozent der Haus- sowie 84 Prozent der Klinikärzte für einen Streik sind.

Bei den Nachwuchsärzten lag die Zustimmung sogar bei 92 Prozent. Die BMA befragte rund 104.000 Ärzte. Etwa 50 Prozent gaben ihre Stimme ab. Der landesweite Ärztestreik am 21. Juni ist der erste in Großbritannien seit 1975. Er soll 24 Stunden dauern.

Während die BMA die Arbeitsniederlegungen verteidigte, kritisierten Gesundheitspolitiker sowie Sprecher von Patientenverbänden die Aktion. "Ein Streik wird Patientenleben gefährden", so die Patient Association (PA).

Gesundheitsminister Lansley wies darauf hin, dass ärztliche Pensionsansprüche "deutlich großzügiger" ausfielen als die Ansprüche anderer Berufsgruppen im staatlichen Sektor.

In den britischen Medien stößt der Streik auf reges Interesse. Diverse große Tageszeitungen berichteten auf ihren Titelseiten über die Proteste.

Kritik aus den Medien

Allerdings ist die Berichterstattung überwiegend kritisch. Zahlreiche gesundheitspolitische Beobachter wiesen darauf hin, dass die Aktionen die Patientenversorgung gefährden könnten.

Dem hält die BMA entgegen, dass zum Beispiel Notfallpatienten trotz Streik versorgt werden würden. "Die Patientenversorgung ist das höchste Gut", sagte eine Sprecherin des Ärztebundes der "Ärzte Zeitung" in London.

Dennoch räumt der BMA ein, dass landesweit "hunderte Operationen abgesagt" werden müssen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um elektive Eingriffe wie Knie- und Hüftgelenksoperationen.

Onkologische Diagnostik sowie die Geburtsmedizin sollen dagegen vor den Auswirkungen des Streiks geschützt werden.

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