Erfahrungen im Ausland

DTG und DSO bezweifeln großen Nutzen von Organspender-Register

Nach Verzögerungen soll kommendes Jahr das Organspender-Register starten. Transplanteure sind allerdings skeptisch, ob es zu mehr Organspenden führen wird.

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Organspendeausweise

Soll ab 2024 endlich auch digital möglich sein: Angabe der Organspendebereitschaft.

© Rolf Vennenbernd / dpa

Jena/Leipzig. Fachleuchte aus der Transplantationsmedizin haben sich skeptisch über die Wirkungen des geplanten Organspender-Registers gezeigt. Das Register sei grundsätzlich ein begrüßenswerter Ansatz, sagte Dr. Felix Pfeifer, Geschäftsführender Arzt der Deutschen Stiftung Organspende (DSO) in der Region Ost (Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt), der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings bleibe abzuwarten, ob dadurch die Spenderzahlen in absehbarer Zeit nennenswert zunähmen.

Der Transplantationsmediziner und Chirurg Professor Utz Settmacher vom Universitätsklinikum Jena äußerte Zweifel am Erfolg des Registers. „Wenn man sich die Erfahrungen aus anderen Ländern ansieht, werden die Ergebnisse bescheiden sein“, sagte Settmacher, der seit 2022 Präsident der Deutschen Transplantationsgesellschaft (DTG) ist.

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Auch die Bundesregierung hatte zuletzt eingeräumt, dass sie sich keine Prognose über die Akzeptanz und das Nutzungsverhalten der Bürger zutraut. Außerdem lasse sich nicht vorhersagen, welchen Effekt das Register auf die Spendebereitschaft haben werde, teilte Gesundheitsstaatssekretär Professor Edgar Franke im Mai auf eine parlamentarische Anfrage des CSU-Gesundheitspolitikers und Arztes Stephan Pilsinger mit.

Unbefriedigende Erfahrungen im Ausland

Das geplante Register ist ein Kernelement des „Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“. Mit dem hatte der Bundestag am 16. Januar 2020 die Einführung einer Widerspruchsregelung abgelehnt. Im Gegenzug soll beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) das Online-Register aufgebaut werden, in dem die Bürger ihre Spendebereitschaft dokumentieren können sollen. Starten soll das Register nach bisherigem Stand erst Anfang 2024. Begründet wird die Verschiebung mit der „Komplexität des Vorhabens“.

Wenn das System an den Start geht, „müssten sich Millionen von Bürgern in dem Register eintragen, das geht nicht von heute auf morgen“, sagte DSO-Arzt Pfeifer. Er verwies auf Erfahrungen etwa in Großbritannien. Dort habe ein nationales Spendenregister nicht viel gebracht. „Weniger als die Hälfte der Einwohner haben sich eintragen lassen.“

Das Prozedere der geplanten Online-Registrierung könnte aus DSO-Sicht eine Hürde sein. Dafür sei ein elektronischer Personalausweis erforderlich, sagte Pfeifer. „Den hat nicht jeder.“ Spendenwillige müssten dann extra in die Bürgerämter gehen. Dies sei umständlicher als das Ausfüllen des Organspendeausweises.

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Erfolgreicher seien Länder mit der Widerspruchsregelung. „Die Widerspruchslösung wäre auch für Deutschland der bessere Ansatz“, so Transplantationschirurg Settmacher. Dies sei „die geschlossene Meinung der deutschen Ärzteschaft“.

Ob tatsächlich die 421.000 berufstätigen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland „geschlossen“ pro Widerspruchsregelung sind, ist bis dato zwar nicht belegt. Allerdings hatten sich zuletzt wieder ärztliche Verbände, Fachgesellschaften, Kammern, aber auch Politiker für einen erneuten Anlauf zu einer entsprechenden Änderung des Transplantationsgesetzes (TPG) ausgesprochen. (dpa/nös)

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