Vier Modelle im Vergleich

Der steinige Weg zur Lebensmittelampel

Ernährungsministerin Klöckner lässt über vier Modelle zur erweiterten Lebensmittelkennzeichnung abstimmen. Der Weg führt auch über Brüssel. Doch was können die einzelnen Modelle?

Margarethe UrbanekVon Margarethe Urbanek Veröffentlicht:
Vier Modelle stehen hierzulande bei der Nährwertkennzeichnung derzeit im Fokus.

Vier Modelle stehen hierzulande bei der Nährwertkennzeichnung derzeit im Fokus.

© Gerhard Seybert / Fotolia

Es geht los: Die seit Monaten vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) angekündigte Umfrage unter Verbrauchern über ein erweitertes Nährwertkennzeichnungsmodell (NWK-Modell) steht in den Startlöchern.

Vergangene Woche hat Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) die vier Modelle vorgestellt, über die in den kommenden Wochen abgestimmt werden soll. Befinden wir uns also auf der Zielgeraden zu einer Kennzeichnung, auf die Verbraucherschützer und Vertreter des Gesundheitswesens so vehement pochen?

Verständlichkeit steht im Fokus

Bis September sollen laut BMEL zunächst mindestens 1000 Verbraucher an der bundesweiten Umfrage teilnehmen. Ziel ist, vier Modelle auf ihre Verständlichkeit hin zu untersuchen.

Nutri-Score: Er setzt sich zusammen aus einer Summe an Negativ-Punkten für Energie und ungünstige Nährstoffgehalte sowie Positiv-Punkten für günstige Inhaltsstoffe; die Grenzwerte beziehen sich auf je 100 Gramm/Milliliter eines Produkts.

In Frankreich, wo der Nutri-Score auf freiwilliger Basis bereits angewendet wird, hat das deutsche Max-Rubner-Institut (MRI) gezeigt, dass Verbraucher den Score gut annehmen.

Auch eine Studie von Foodwatch attestierte dem Modell, für Verbraucher „das effizienteste System“ zu sein, um sich über die Nährwerte eines Lebensmittels zu informieren.

Keyhole: Grafisch stellt das Modell ein weißes Schlüsselloch auf grünem Grund dar. Markiert werden Produkte, die innerhalb derselben Produktgruppe anhand verschiedener Merkmale positiv bewertet werden. Produktgruppen, die insgesamt als nicht positiv bewertet werden, beispielsweise Süßigkeiten, dürfen die Positivkennzeichnung nicht tragen.

Damit eignet sich das Modell nur zur Kennzeichnung einiger ausgewählter Produkte. In den skandinavischen Ländern findet das Modell bereits Verwendung und wird laut MRI gut angenommen.

BLL-Modell: Das vom Lebensmittelverband Deutschland (BLL; ein Herstellerverband) entwickelte Modell stellt die die wesentlichen Nährstoffe sowie die Kalorienzahl eines Produkts dar.

Zudem gibt eine Prozentzahl Überblick über den Anteil an Nährstoffen, gemessen an der täglichen Referenzmenge für Erwachsene.

MRI-Modell: In Klöckners Auftrag hat das MRI ein eigenes Kennzeichnungsmodell entwickelt. Grafisch beschrieben und bewertet werden die absolute Menge je 100 Gramm an Energie, Fett gesättigten Fettsäuren sowie Zucker.

Zudem werden dem Produkt bis zu fünf Sterne zugewiesen – eine zusammenfassende Gesamtbewertung.

Hürden in Brüssel

Ergebnisse der Bevölkerungsumfrage werden laut BMEL im September erwartet. Doch was dann? Das Votum der Verbraucher, so Klöckner, werde maßgeblich sein für ihre Entscheidung für ein bestimmtes NWK-Modell.

Dennoch: An Brüssel führt für die Ministerin kein Weg vorbei. Trotz der ausschließlich nationalen Relevanz der Abstimmung muss sich ein Notifizierungsprozess anschließen, der im Regelfall drei Monate ab Einreichung dauert, sich unter Umständen aber bis zu sechs Monate hinauszögern kann.

Entsprechend erwartet der BLL im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ von der Verbraucherumfrage zunächst nur einen weiteren „Baustein“, eine „Diskussionsgrundlage“.

Der Verband hofft, dass es „noch in diesem Jahr“ zu einer Einigung auf ein NWK-Modell kommen wird. Klöckners Ministerium will sich jedoch auf keinen Zeitplan festlegen und verweist auf Nachfrage auf den bevorstehenden Notifizierungsprozess.

EU-Bericht lässt auf sich warten

Derweil wird aus Brüssel außerdem ein Bericht der EU-Kommission zur Evaluierung der bestehenden freiwilligen NWK-Modelle erwartet. Dort soll es auch darum gehen, ob eine europäische Harmonisierung in diesem Bereich empfohlen wird. Die Veröffentlichung wurde immer wieder verschoben, zuletzt auf „Sommer 2019“ – Ausgang ungewiss.

Bisher konnte sich die Kommission noch nicht zu einem europaweit einheitlichen System durchringen. Ob dies in nächster Zeit geschehen wird, ist Zukunftsmusik. Auch wie es in Deutschland nach der Abstimmung weitergeht, ist ungewiss.

Vermutlich müsste ein NWK-Modell zunächst auf freiwilliger Basis eingeführt werden. Laut BMEL sind verpflichtende Vorgaben für die Lebensmittelindustrie „europarechtlich nicht möglich“.

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