Nach gesetzlicher Neuregelung

Flickenteppich Grippeimpfung

Trotz einer gesetzlichen Neuregelung startet die Grippeimpfsaison mit einiger Verunsicherung, vor allem darüber, für welche Patienten tetravalente Impfstoffe verordnet werden können. Je nach KV und Kasse sind die Vorgaben unterschiedlich.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Die Grippeimpfsaison ist gestartet, bei den Ärzten herrscht Verunsicherung.

Die Grippeimpfsaison ist gestartet, bei den Ärzten herrscht Verunsicherung.

© RAM / stock.adobe.com

BERLIN / MÜNCHEN. Verwirrung bei Ärzten, Apothekern und Patienten, bei welchen GKV-Versicherten tetravalente Grippeimpfstoffe eingesetzt werden können, stellt der Impfstoff-Hersteller GlaxoSmithKline fest.

Daran hat auch eine gesetzliche Neuregelung im Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz nur wenig geändert, wonach die Vorschrift abgeschafft wurde, dass die Impfstoffversorgung für Kassenpatienten ausschließlich mit rabattierten Produkten zu erfolgen hat.

Solche Rabattverträge verschafften einem Hersteller, der Rabattpartner einer Krankenkasse war, eine Marktexklusivität.

Mehr Auswahl für Ärzte

Nicht immer gelang es jedoch, den Bedarf zu befriedigen. Lieferengpässe sind gerade bei Grippeimpfstoffen aufgrund der Besonderheiten der Produktion – von Jahr zu Jahr sich ändernde Anforderungen an die Impfstoffe, Produktionsfehler, die zum Verwerfen einer ganzen Charge führen – nicht selten.

Da Ärzte nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot bei Existenz eines Rabattvertrags verpflichtet waren, den rabattierten Impfstoff einzusetzen, gerieten sie in einen Konflikt zwischen notwendiger und rechtzeitiger Impfung einerseits und Erfüllung der Wirtschaftlichkeit andererseits. Dem wollte der Gesetzgeber abhelfen und Ärzten mehr Auswahlmöglichkeiten schaffen.

Die Abschaffung der Rabattverträge für Impfstoffe hat nun aber nicht dazu geführt, dass für GKV-Versicherte tetravalente Grippeimpfstoffe voraussetzungslos eingesetzt werden können. GlaxoSmithKline hat dazu die jeweiligen in den KVen geltenden Regelungen systematische erfasst und publiziert. Diese KV-Versorgungskarten sind abrufbar unter www.gsk-med.de, dort im Bereich Produkte bei Influsplit Tetra unter dem Reiter "Verordnungswege je Bundesland".

Selbstzahler im Vorteil

Grundsätzlich gilt: Verordnungsfreiheit haben Ärzte nur bei Privatversicherten oder Selbstzahlern – hier sind keine Einschränkungen zu beachten. Überall können tetravalente Impfstoffe bei GKV-Versicherten eingesetzt werden, wenn die Menschen über 60 Jahre alt sind oder eine spezielle medizinische Indikation vorliegt, die der Arzt dokumentieren muss.

Relativ übersichtlich ist die Situation in der KV Hessen. Hier bieten einige Kassen auch für Personen unter 60 Jahren die Möglichkeit des Einsatzes viervalenten Impfstoffs an, auch wenn keine medizinische Indikation vorliegt, für die die STIKO diesen Impfstoff empfiehlt. Die Verordnung erfolgt auf Privatrezept, die Abrechnung erfolgt nach der GOÄ.

In Sachsen ist die Versorgung für Personen unter 60 Jahren stark differenziert je nach Kasse. Ohne medizinische Indikation können Kinder, Jugendliche und Erwachsene bis zum vollendeten 60. Lebensjahr den tetravalenten Impfstoff erstattet bekommen, wenn sie bei der IKK classic, der Techniker Krankenkasse oder der Kaufmännischen Krankenkasse versichert sind.

Beschwerden von Patienten

Das Gleiche gilt für alle Heilfürsorgeberechtigten. Dagegen haben AOK Plus, Barmer, Hanseatische Krankenkasse, DAK Gesundheit Handelskrankenkasse und Knappschaft entschieden, dass der tetravalente Impfstoff als Satzungsleistung bei Versicherten zwischen 50 und 60 Jahren eingesetzt werden kann.

In anderen Regionen verweist nach Informationen von GSK ein Großteil der Krankenkassen auf die wirtschaftliche Verordnung der trivalenten Impfstoffe. Dies habe "vielerorts" zu Beschwerden von Patienten geführt, die auf eigene Nachfrage oder Nachfrage des behandelnden Arztes ablehnende Bescheide von ihrer Krankenkasse für einen breiten Grippe-Impfstoff erhalten hätten.

"Dieselbe gesetzliche Grundlage wird offenbar unterschiedlich ausgelegt, sodass es vom Wohnort abhängig ist, wie geimpft wird", kritisiert Bettina Brennecke von GlaxoSmithKline die Versorgungslage.

Vermeiden von Todesfällen

Die Fixierung allein auf den Preis des Impfstoffs hält sie für eine verkürzte Sicht. Nach einem mathematischen Modell könnten durch den Einsatz des tetravalenten Impfstoffs im Vergleich zu einem trivalenten in Deutschland pro Jahr etwa 276.000 Krankheitsfälle und über 260 Todesfälle vermieden werden.

Im Hintergrund steht auch die Frage, ob die vor Inkrafttreten des Versorgungsstärkungsgesetzes getroffenen Rabattverträge noch bindend sind. In zwei Sozialgerichtsurteilen wurde dies bejaht (die "Ärzte Zeitung" berichtete). Das Bundesgesundheitsministerium verneint dies.

Die Versorgungslage

» Privatversicherte bekommen viervalenten Impfstoff grundsätzlich erstattet.

» Bei Menschen über 60 Jahren oder bei Vorliegen einer medizinischen Indikation ist viervalenter Impfstoff überall einsetzbar.

» Für Kinder, Jugendliche und Personen unter 60 hängt es von Region und Kasse ab.

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