Trotz Telemedizin

Hausarzt bleibt die Nummer Eins

Leidet die Arzt-Patienten-Beziehung, wenn Telemedizin die Versorgung und Überwachung von Patienten übernimmt? Nein, lautet das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung des Instituts Arbeit und Technik. Im Gegenteil: Sie unterstützt sie.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

GELSENKIRCHEN. Das telemedizinische Monitoring von Patienten hat keine negativen Auswirkungen auf ihr Verhältnis zum behandelnden Haus- oder Facharzt. Das zeigt eine Studie des Instituts Arbeit und Technik (IAT) in Gelsenkirchen.

"Der Hausarzt hat durch die telemedizinische Betreuung für die Patienten nichts an Bedeutung eingebüßt", sagt Denise Kluska vom Forschungsschwerpunkt Gesundheitswirtschaft und Lebensqualität des IAT, der "Ärzte Zeitung".

Auch das Verhältnis zum Facharzt wird durch die Einschaltung von telemedizinisch tätigen Ärzten nicht gestört. "Die bestehenden Beziehungen werden nicht beeinträchtigt, sondern es kommt eine neue Beziehung hinzu", sagt sie.

228 Patienten und sechs Ärzte befragt

Kluska hatte für ihre Masterarbeit 228 Patienten und jeweils zwei niedergelassene Hausärzte und Kardiologen sowie zwei telemedizinisch tätige Kollegen befragt.

Die Patienten erhielten einen standardisierten Fragebogen. Mit den sechs Ärzten führte sie Interviews.

Die Patienten litten an einer chronischen Herzinsuffizienz und hatten am Programm HerzAs des Instituts für Angewandte Telemedizin (IFAT) am Herz - und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen teilgenommen. Das Programm basierte auf einem Integrationsvertrag zwischen dem IFAT und der AOK Nordwest.

Zu HerzAs gehörten die tägliche Messung und Übermittlung der Vitalwerte der Patienten an das IFAT, bei Bedarf Interventionen der dort tätigen Mediziner und eine sechswöchige Patientenschulung.

Die Auswertung der Fragebögen hat nach Kluskas Angaben vor allem eins deutlich gemacht: Für die allermeisten Patienten hat sich durch das Fernmonitoring das Verhältnis zu ihren behandelnden Ärzten nicht verändert. "Das hat mich überrascht", sagt sie.

Sehr zufrieden mit Arztkontakten

Bei der Befragung gaben 71,4 Prozent der Patienten an, dass sich das Vertrauen in ihren Hausarzt durch die telemedizinische Betreuung nicht verändert hat. 21,4 Prozent fanden, das Vertrauen sei eher gestiegen. Für 4,0 Prozent war es sogar deutlich gestiegen.

Zu einer Verschlechterung des Vertrauensverhältnisses kam es nur bei 3,1 Prozent. Ähnlich schätzten die Patienten die Beziehung zum Kardiologen ein.

Allerdings hatte sich dort das Vertauensverhältnis bei mehr Patienten verbessert als bei den Hausärzten, in weniger Fällen hat es sich verschlechtert.

Auch die Telemediziner schnitten in der Bewertung durch die Kranken gut ab. 94 Prozent hatten großes Vertrauen in sie. "Dass jeglicher Kontakt mit den Ärzten des IFAT telefonisch stattfindet, scheint die Vertrauensbildung keineswegs zu beeinträchtigen", stellt Kluska fest.

Bei der großen Mehrheit der Herzkranken hatte das Telemonitoring keinen Einfluss auf die Kontakthäufigkeit zum Hausarzt oder zum Kardiologen. Die Zufriedenheit mit den Arztkontakten war sehr hoch.

Vorurteile gegenüber Telemedizin ausräumen

Die Auswertung zeigt klar, dass die Hausärzte für die Patienten der erste und damit wichtigste Ansprechpartner bleiben. Bei akuten Beschwerden wandten sich 67,4 Prozent zuerst an den Hausarzt, 18,3 Prozent an den Kardiologen und 14,3 Prozent an den IFAT-Arzt.

Bei medizinischen Fragen zur gesamten Therapie nähern sich die Werte etwas an, aber mit 52,7 Prozent liegt der Hausarzt immer noch deutlich vorne vor den Kardiologen (29,3 Prozent) und den IFAT-Ärzten (18,0 Prozent).

In Fragen der persönlichen Lebensführung kontaktierten 81,2 Prozent zunächst den Hausarzt, 11,2 Prozent den Facharzt und 7,6 Prozent den Telemediziner. Auch die Ärzte selbst konnten keine Verschlechterung im Verhältnis zu ihren Patienten feststellen.

Die Kardiologen fanden es positiv, dass sich durch die Schulung die Kompetenz der Patienten und der Umgang mit ihrer Krankheit verbessert haben, berichtet Kluska.

Nach ihrer Einschätzung wäre es sinnvoll, die Studie in einem nächsten Schritt auszuweiten und mehr Ärzte einzubeziehen.

Die Forschung auf diesem Gebiet könne dazu beitragen, Vorurteile gegenüber der Telemedizin aus dem Weg zu räumen, sagt sie. "Gerade viele Hausärzte fürchten, dass ihnen durch das Monitoring die Patienten weggenommen werden oder dass sich eine Distanz zu ihnen entwickelt."

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