Honorarpolitik bleibt weiter eine Baustelle

Mit der Trennung von haus- und fachärztlicher Vergütung soll mehr Verteilungsgerechtigkeit entstehen. Aber übersichtlicher und besser vergleichbar wird die Honorarsituation nicht - eine Folge unter anderem der gewollten Regionalisierung.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Rechnet mit neuen Verlierern ab dem 1. Juli: KBV-Chef Andreas Köhler.

Rechnet mit neuen Verlierern ab dem 1. Juli: KBV-Chef Andreas Köhler.

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BERLIN. Nicht nur regional, sondern auch je nach Fachgruppe haben sich die vertragsärztlichen Vergütungen 2009 extrem unterschiedlich entwickelt. Das belegen die am Montag in Berlin von der KBV vorgelegten Daten für das erste Halbjahr 2009 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2008.

Spitzenzuwächse haben dabei die Internisten ohne Schwerpunkt mit 32,1 Prozent erzielt. Im Schnitt stieg das Honorar je Internist auf 75 710 Euro. Bereits im Jahr zuvor hatte diese Fachgruppe ein Wachstum von 33 Prozent nach Hause getragen. Eindeutig auf der Gewinnerseite stehen die Ärzte für Nervenheilkunde und Psychiatrie sowie die Neurologen mit Zuwächsen von über 20 Prozent in ihrer Gruppe und mit 16,9 und 15,7 Prozent je Arzt.

Kärglich ist hingegen der Zuwachs für Hausärzte geblieben: Ihre Vergütung, bereinigt um die Kostenerstattungen für Laborleistungen, stieg lediglich um 0,5 Prozent. Mit 3,2 Prozent fiel das Wachstum je Hausarzt allerdings etwas höher aus. In der ökonomischen Gesamtbilanz dürfte es für die Hausärzte etwas freundlicher aussehen. Denn die von der KBV genannten Werte sind um die Honorarabzüge als Folge der außerhalb des KV-Systems laufenden Hausarztverträge bereinigt.

Eine wichtige Neuerung tritt, wie berichtet, am 1. Juli in Kraft. Um die Regelleistungsvolumina (RLV) zu stabilisieren und um so die Grundversorgung besser zu dotieren, wurde das Konzept der freien Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung aufgegeben. Neben die RLV treten nun Budgets für qualifikationsgebundener Zusatzvolumen (QZV). Der Grund war, dass als Folge eines starken Anstiegs der freien Leistungen innerhalb der begrenzten Gesamtvergütung in den meisten KVen und in vielen Fachgruppen die RLV immer kleiner wurden. Extrem bei Augenärzten, deren RLV im vierten Quartal 2009 bei 14 Euro pro Fall (Rheinland-Pfalz) lag.

Umgesetzt wird nun auch eine stabile Trennung der haus- und fachärztlichen Vergütungen auf der Basis des ersten Halbjahres 2009. Künftig vereinbarte Honorarzuwächse sollen danach Haus- und Fachärzten gleichermaßen zugute kommen.

Um die RLV zu stabilisieren, werden nun Vorwegabzüge auf das Wesentliche konzentriert: Das sind Leistungen der Richtlinienpsychotherapie, die Laborvergütung unter Berücksichtigung der Effekte aus der Einführung der Direktabrechnung für Laborgemeinschaften sowie die Vergütung des Notfalldienstes. Nach diesen Abzügen werden nun die Honorarsummen für Haus- und Fachärzte geteilt und schließlich den Praxen RLV und QZV zugeteilt. Allerdings: Für die Kassen erfolgt die Umstellung kostenneutral. Für die Ärzte bedeutet dies, dass sie erneut mit Umverteilung rechnen müssen.

KBV-Chef Köhler gestern in Berlin: "Es wird auch Verlierer geben. Das muss zur Stabilisierung der Honorare für die Leistungen der Basisversorgung in Kauf genommen werden."

Außerdem können RLV-Fallwerte künftig unter den KVen noch weniger gut verglichen werden. Das liegt daran, dass die KVen regionale Gestaltungsmöglichkeiten bei der Errechnung der QZV haben.

Grundlegende Probleme etwa bei der Vergütung von schmerztherapeutischen Leistungen oder in der psychosomatischen Versorgung sieht die KBV nicht. Die hier von einzelnen Arztgruppen, etwa den Schmerztherapeuten, artikulieren Schwierigkeiten ließen sich aufgrund der regionalen Spielräume von den einzelnen KVen lösen - ein gesonderter Beschluss des Bewertungsausschusses sei dazu nicht nötig.

Eine Dauerbaustelle bleibt die Vergütung ohnehin. Dazu nur ein Beispiel: Eigentlich wollten KBV und Kassen 2011 über das Ausmaß der Leistungsverlagerung von Kliniken zu Vertragsärzten entscheiden. Jetzt haben die Kassen - vorsorglich - schon mal Probleme mit der rechtzeitigen und vollständigen Datenübermittlung in 2010 "angekündigt".

Lesen Sie dazu auch: Köhler rechnet mit Honorarplus im nächsten Jahr

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