Coronavirus im Bundestag

Spahn: „Ich habe großes Vertrauen in unsere Ärzte“

Gesundheitsminister Spahn ruft im Bundestag zur Besonnenheit in der „Coronakrise“ auf. Deutschland habe viel Erfahrung im Umgang mit derartigen Situationen.

Thomas HommelVon Thomas Hommel und Anno FrickeAnno Fricke Veröffentlicht:
Der Bundestag debattierte am Mittwoch über die Auswirkungen der Conoravirus-Epidemie.

Der Bundestag debattierte am Mittwoch über die Auswirkungen der Conoravirus-Epidemie.

© Bernd von Jutrczenka / dpa

Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat die Bevölkerung zu Besonnenheit beim Umgang mit dem Coronavirus aufgerufen. „Angst und Sorge sind eine zutiefst menschliche Reaktion. Aber wir haben als Gesellschaft viel Erfahrung im Umgang mit solchen Krisen“, sagte der CDU-Politiker im Rahmen einer Regierungserklärung zur Bekämpfung von SARS-CoV-2 am Mittwoch im Bundestag.

„Nehmen die Situation sehr ernst“

„Wir nehmen die Situation sehr ernst“, betonte Spahn. Die Menschen könnten sich aber darauf verlassen, dass die Bundesregierung und die Länder alle nötigen Maßnahmen ergreifen würden, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen und betroffenen Patienten zu helfen. Ausdrücklich bedankte sich Spahn bei Ärzten, Apothekern und Pflegekräften. Sie leisteten „Enormes“.

Das Coronavirus werde „stellen- und phasenweise“ zu Stress im Gesundheitssystem führen, sagte Spahn. Man sei aber vorbereitet. „Ich habe großes Vertrauen in unsere Ärzte.“

Spahn erinnerte in diesem Zusammenhang an die Grippewelle von 2017/2018. Diese habe zu rund neun Millionen influenzabedingten Arztbesuchen in Deutschland geführt. „Unser System hat das bewältigt.“

Falschmeldungen mit Nichtbeachtung strafen

Er habe gleichwohl Sorge, dass die „Folgen von Angst bald größer sind als die durch das Virus“, sagte Spahn. Sein Ziel sei daher, die Bevölkerung mit Sachinformationen zu bestärken. „Strafen Sie diejenigen, die Falschmeldungen verbreiten, mit Nichtbeachtung“, appellierte er.

Scharfe Töne in der anschließenden Parlamentsaussprache schlug die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel an, die von „Chaos“ und „rhetorischen Beruhigungspillen“ sprach. Spahn warf sie vor, bei der Bekämpfung des Coronavirus zu lange mit konkreten Schritten gewartet zu haben. „Wo bleibt die Strategie?“

SPD geißelt ahnungslose AfD

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Bärbel Bas widersprach umgehend. „Das grenzt an Ahnungslosigkeit.“ Weidel solle sich mit ihren eigenen Abgeordneten im Gesundheitsausschuss unterhalten. Diese hätten den Umgang des Gesundheitsministers mit der Epidemie ausdrücklich gelobt. Zudem gebe es Pandemiepläne, „wo all das drinsteht, was Sie vermissen“.

Deutschland sei gut aufgestellt, um das Virus in den Griff zu kriegen, betonte Bas. Die Politik habe die Verunsicherung in der Bevölkerung ernst zu nehmen, aber nicht zu verstärken. „Ich kann nur alle auffordern, dass wir ruhig bleiben.“

Liberale loben Krisenmanagement

FDP-Chef Christian Lindner lobte die „Besonnenheit und Transparenz“, mit der die Bundesregierung die Krise angehe. „Es geht um die Information der Menschen und das Eindämmen der Viruserkrankung. Parteipolitisches Klein-klein verbietet sich jetzt.“

Allerdings müssten die wirtschaftlichen Folgen der „Coronakrise“ stärker in den Blick genommen werden. Er erwarte auch einen „Krisenstab von Herrn Altmaier und Herrn Scholz“.

Unionsfraktions-Vize Georg Nüßlein kritisierte die „Dauerbeschallung durch die Medien“. Diese dürften das Thema Coronavirus nicht „überstrapazieren“. Der AfD warf Nüßlein vor, aus der Situation politisches Kapital schlagen zu wollen.

Dittmar kündigt Gesetz an

Für Ärztinnen und Ärzte ist der Umgang mit Atemwegserkrankungen keine Herausforderung“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, selbst Hausärztin. Wichtig sei es, Zeit zu gewinnen, um das Virus und seine Eigenschaften besser zu verstehen, es besser kennenzulernen und einen Impfstoff zu entwickeln.

Dann stelle sich die Frage, wer dafür aufkomme, wenn die niedergelassen Ärzte Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes übernehmen müssten. Die SPD werde aus diesen Erfahrungen gesetzgeberische Maßnahmen ableiten.

Ullmann fordert Föderalismusreform

Es gebe Grund zur Sorge, aber nicht zur Panik, sagte Infektiologe Professor Andrew Ullmann, Obmann der FDP im Gesundheitsausschuss. Ullmann machte gleichwohl Sand im Getriebe aus. „Corona ist ein Warnschuss“, sagte er. Weltweit seien die Gesundheitssysteme unvorbereitet getroffen worden. Die Gesundheitssysteme seien darauf ausgelegt, sich mit vergangenen Pandemien auseinanderzusetzen, nicht aber darauf, künftigen Herausforderungen zu begegnen. Jetzt müsse mit ersten Schritten zur Vorsorge begonnen werden.

Ullmann forderte eine Föderalismusreform, um im Falle von Epidemien bundesweit gleiche Voraussetzungen herzustellen. Zum Beispiel sollten die Gesundheitsämter besser an die Versorgung angebunden werden. Zudem müsse flächendeckend der Facharzt für Infektiologie eingeführt werden.

Ausstattung des ÖGD wird kritisiert

In diese Kerbe hieb auch die pflegepolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Kordula Schulz-Asche. Der Öffentliche Gesundheitsdienst sei unzureichend ausgestattet. Die EU-Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 solle die Regierung für Initiativen nutzen, damit Arzneimittel, Impfstoffe und Medizinprodukte wieder in nennenswertem Umfang auch wieder in Europa hergestellt werden könnten.

Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Amira Mohammed Ali, kritisierte die fehlende Reaktion in Deutschland auf die Vorgänge in China. Schon damals hätte man mit der Bevorratung von Mundschutz und Schutzkleidung beginnen können. Mohamed Ali forderte, die Gesundheitsversorgung vollständig in die öffentliche Verantwortung zu übergeben.

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