Koalitionplan

Kinderrechte sollen im Grundgesetz Platz finden

Seit Jahren wird darüber verhandelt. Nun will die Koalition auf den letzten Metern der Legislatur doch noch die Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen und damit einen weiteren Punkt des Koalitionsvertrages abhaken. Kinderärzte erheben Einwände.

Anno FrickeVon Anno Fricke und Thomas HommelThomas Hommel Veröffentlicht:
Kinderrechte ins Grundgesetz, das ist seit Jahren eine politische Forderung.

Kinderrechte ins Grundgesetz, das ist seit Jahren eine politische Forderung. Ob es in dieser Legislaturperiode noch klappt, ist aber fraglich.

© Sascha Steinach/dpa

Berlin. Seit Jahren wird darüber verhandelt. Nun will die Koalition auf den letzten Metern der Legislatur doch noch die Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen und damit einen weiteren Punkt des Koalitionsvertrages abhaken.

Noch vor der Bundestagswahl sollen die Belange der Kinder Verfassungsrang erhalten. Dafür reicht die Mehrheit der Koalition nicht. Benötigt werden zwei Drittel der Stimmen in Bundestag und Bundesrat.

Das Vorhaben ist in der Politik umstritten. Vertreter der Verbände der Kinder- und Jugendmedizin zeigen sich dagegen erleichtert darüber, dass das lange angestrebte Projekt nun auf der Zielgeraden ist. Gleichwohl hätten sich die Kinder- und Jugendärzte an „der einen oder anderen Stelle mehr Deutlichkeit gewünscht“, sagte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Deutschlands (BVKJ), Dr. Thomas Fischbach, am Freitag der „Ärzte Zeitung“. So fehle zum einen der Hinweis der Förderung von Kindern. Deren Interessen „achten“ und „schützen“ zu wollen, reiche nicht.

Umstrittenes Vorhaben

Der zweite Kritikpunkt sei, dass das Kindeswohl laut Formulierung der Koalition nur „angemessen“ berücksichtigt werden solle. „Das widerspricht aber der UN-Kinderrechtskonvention, wo von einem vorrangigen Recht der Kinder die Rede ist“, so Fischbach.

Vertretern von Grünen und der Linken geht die nun geplante Fassung ebenfalls nicht weit genug. Sie haben angekündigt, gegen die Regierungsvorlage zu stimmen. Sie lautet: „Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“

Opposition will nicht mitziehen

Eine frühere Version war noch etwas konkreter formuliert gewesen. Sie ging so: „Jedes Kind hat das Recht auf Achtung, Schutz und Förderung seiner Grundrechte einschließlich seines Rechts auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit in der sozialen Gemeinschaft. Das Wohl des Kindes ist bei allem staatlichen Handeln, das es unmittelbar in seinen Rechten betrifft, angemessen zu berücksichtigen. Jedes Kind hat bei staatlichen Entscheidungen, die seine Rechte unmittelbar betreffen, einen Anspruch auf rechtliches Gehör“.

Als „großen Fortschritt“ bezeichnete die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) die Einigung in der Koalition. Der vorgeschlagene Text bleibe allerdings hinter dem internationalen Standard der Kinderrechte zurück, monierte DAKJ-Generalsekretär Professor Hans-Iko Huppertz. Deutschland hat die UN-Kinderrechtskonvention bislang in einem Bundesgesetz umgesetzt.

Internationalen Standard verfehlt

Die Justizministerkonferenz hatte 2019 den einstimmigen Beschluss gefasst, dass das Grundgesetz der geeignete Ort sei, um die Grundprinzipien der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen zu verankern. Die Konvention zählt zehn Kinderrechte auf. Dazu zählen die Gesundheit, das Recht auf Bildung, ein sicheres Zuhause, auf Spielen und Freizeit sowie Schutz vor Ausbeutung, Krieg und Flucht.

Vor allem in der Union waren im Laufe der Beratungen Stimmen laut geworden, die Stärkung der Kinderrechte , beschneide die Rechte der Eltern. Das leuchte ihm nicht ein, kommentierte BVKJ-Chef Fischbach den Einwand. „Es ist doch eher anders herum: Die Eltern bekommen einen Rechtstitel, den sie zugunsten ihrer Kinder einsetzen können. Das stärkt die Eltern, die ihren Erziehungsauftrag ernst nehmen – und genau um die geht es uns doch.“

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Studie VISION-DMD: motorische Funktion TTSTAND-Geschwindigkeit unter Vamorolon 6mg/kg/Tag im Vergleich zu Placebo (erstellt nach [13])

© [M] Springer Medizin Verlag GmbH; Santhera Germany GmbH

Therapie der Duchenne-Muskeldystrophie mit Kortikosteroiden über alle Altersstufen

Grundlagen und Real-World-Erfahrungen mit Vamorolon

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Santhera Germany GmbH, München
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung

Beschluss des G-BA

Lungenkrebs-Screening wird Kassenleistung

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt

Lesetipps
Ein Mann fasst sich an den Kopf und hat die Stirn in Falten gelegt.

© Pongsatorn / stock.adobe.com

Indikation für CGRP-Antikörper?

Clusterkopfschmerz: Erenumab scheitert in Prophylaxe-Studie

Eine Frau liegt auf dem Sofa und hält sich den Bauch.

© dragana991 / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Schmerzerkrankung

Endometriose-Leitlinie aktualisiert: Multimodale Therapie rückt in den Fokus

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung